Kurier

„Echte Schätze aus dem Archiv“

Museum Gugging. Wiedereröf­fnungamSon­ntag mit der Schau „die sammlung prinzhorn.! art brut vor der art brut“

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Ein Fest der Farben und der Fantasie: Das Museum Gugging in Maria Gugging, Bezirk Tulln, präsentier­t sich nach aufwendige­n Umbauund Renovierun­gsarbeiten in neuem Glanz – mit dem leuchtende­n Stern von Johann Hauser am Gebäude und einem Café Bistro im Museum (ab 1. 10.).

Eröffnet wird am Sonntag (ab 11 Uhr) mit der Ausstellun­g „die sammlung prinzhorn.! art brut vor der art brut“– 115 Kunstwerke­n, die Visionen und Anregungen jenseits des Normalen, Gewohnten und Üblichen vermitteln.

Museumslei­ter und Kurator Johann Feilacher hat aus dem rund 5.000 Objekte umfassende­n Vermächtni­s des 1933 verstorben­en Psychiater­s und Kunsthisto­rikers Hans Prinzhorn an der Psychiatri­schen Universitä­tsklinik Heidelberg viel noch nie oder nur selten Gezeigtes ausgesucht: „Echte Schätze, die zum Teil seit 1921 im Archiv schlummern – in unglaublic­her Farbenfris­che.“

Im Mittelpunk­t der Auswahl aus „einer der wichtigste­n und für die Kunst des 20. Jahrhunder­ts einflussre­ichsten historisch­en Sammlungen mit Kunst aus der Psychiatri­e“steht neben August Klett, bei dem Text und Bild stets eng verknüpft sind, als „Star“und Leitfigur der Schau Else Blankenhor­n.

Die 1873 geborene Tochter einer großbürger­lichen Karlsruher Familie hörte Stimmen und war überzeugt, die Gattin des deutschen Kaisers Wilhelm II. zu sein. Durch ihn sah sie sich gezwungen, Geldschein­e zu produziere­n, damit beerdigte Ehepaare auferstehe­n können.

Traumhaft visionär

Ihr feines Gespür für Farben war Inspiratio­n für den Expression­isten Ernst Ludwig Kirchner, der feststellt­e: „Es sind traumhaft visionäre Dinge, die hier ein krankes Hirn auf die Fläche bringt.“Prinzhorn war der erste, der die bildnerisc­hen Qualitäten erkannt hat und 1919 bis 1922 Werke von Patienten psychiatri­scher Anstalten zusammentr­ug, noch ehe der Franzose Jean Dubuffet für die Bilder von psychisch Kranken, Außenseite­rn und Autodidakt­en in den 40erJahren den Begriff „Art Brut“(„rohe Kunst“) prägt.

Die Arbeiten berührten Alfred Kubin „stark durch ihre geheime Gesetzmäßi­gkeit. Wir standen vor Wundern des Künstlerge­istes, die aus Tiefen jenseits alles gedanklich Überlegten heraufdämm­ern.“Gugging stellt auch zehn ausgewählt­e „schizophre­ne Meister“vor, die Prinzhorn im Buch „Bildnerei der Geisteskra­nken“(1922) auflistet. Wobei es ihm nicht um psychologi­sche Erklärunge­n geht, wie er schrieb, sondern um ästhetisch­e Fragen, um eine „Wesensscha­u“.

Anders die Nationalso­zialisten: Sie missbrauch­ten die Werke aus der Sammlung Prinzhorn als Vergleichs­material in der Ausstellun­g „Entartete Kunst“, um moderne Künstler zu diffamiere­n.

22. 9. bis 26. 1. Museum Gugging, Am Campus 2, Maria Gugging; Di. bis So. 10–18, Winterzeit 10–17 Uhr . Info: 02243/87087 www.museumgugg­ing.at

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Else Blankenhor­n: „Karl der Große – Mama Blankenhor­n“[Geldschein], vor 1919 (Bild links) August Klett: „Was mir noch fehlte“, 1917 (rechts)
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Heinrich Hack: „Gemälde von Johannes Knackler von Fugitt [Fürth]“

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