Wo die Liebe aufblüht
Nun ist es eine Woche her, dass der künftige Staatsoperndirektor Bogdan Roščić beim KURIER-Tag zu Gast war – und immer noch (und vermutlich noch lange) sorgen seine Aussagen über Details des künftigen Spielplanes für Gesprächsstoff innerhalb der Opernszene (und vermutlichdarüber hinaus).
Zehn Premieren plant er in dererstenSaison: wichtigeWerke der Opernliteratur inexemplarischen Inszenierungen, die er aus anderen Opernhäusern nachWien bringt. AlsRegisseure nannte er unter anderem Simon Stone und Barrie Kosky, also zwei jener Namen, um die sich gerade Musiktheater in allerWelt reißen. Allein das beweist, dass Roščić auch dort ansetzenwill, woran das Haus am Ring zuletzt krankte, nämlich an der szenischen Stagnation.
Er verriet aber auch, dass er Teodor Currentzis, den zurzeit am stärksten polarisierenden Dirigenten, an die Staatsoper holen werde, mit dessen Orchester aus Perm und zumindest vorerst noch nicht für das Staats opernorchester. Denn :„ Mit den Wiener Philharmonikern muss die große Liebe nochaufblühen.“LetztererSatz wurde auch von der Austria Presse Agentur zitiert, allerdings in einer ersten Version auf die Beziehungzwisc he nRoščić und dem Orchester bezogen.
35Minutenspäter folgte die Korrektur: Gemeint war natürlich die Liebe zwischen Currentzis und dem Orchester.
Dennoch reichte diese Zeitspanne, kürzer als ein Opernakt, um mancherorts einen Konflikt zu wittern, der definitiv nicht existiert. Und die Radikal-Traditionalisten unter den Opernliebhabern, die als einzige Reform bestenfalls eine neue Farbe des Toilettenpapiers inder Oper akzeptieren würden, schienen sich schon einmal mit ihren argumentativen Geschützen in Stellung zubringen.
Was diese kleine Begebenheit zeigt: Dass die ideologische Aufladung innerhalb der Opernszene mindestens so stark ist wie im Wahlkampf. Und dass dort, wo es aufs Hören ankommt, das (einander) Zuhören nicht immer gleichermaßen ausgeprägt ist.