Kriminelles Kammerspiel
Das länderübergreifende Serienexperiment bietet guteUnterhaltung, aberwenigVernetzung
Eine Krimiserie ohne wilde Verfolgungsjagden, dramatische Explosionen und gefährliche Schusswechsel. Klingt langweilig? Ist es nicht. Die ab heute abrufbare NetflixSerie „Criminal“begrenzt sich auf einen einzigen Verhörraum, bleibt aber (meistens) spannend.
Vier Ermittlerteams aus Deutschland, England, Frankreich und Spanien lösen jeweils drei Kriminalfälle à 45 Minuten. Die insgesamt zwölf Folgen, die von den Schauspielerteams in den jeweiligen Landessprachen abgedreht wurden, spielen an einem einzigen Set und leben vom Dialog mit den Verdächtigen. Um das Rätsel zu knacken, stehen den Kommissaren nur ein einziger Verhörraum, ein Snackautomat und ein Flur im Polizeirevier zu Verfügung.
Prominente Besetzung
Was nach einer langatmigen Low-Budget-Produktion klingt, entpuppt sich als spannungsgeladenes Kammerspiel mit hochkarätiger Besetzung. In den deutschen Folgen ermitteln Sylvester Groth („Polizeiruf 110“) und Eva Meckbach („Was bleibt“), ihnen sitzen beim Verhör unter anderem Peter Kurth („Babylon Berlin“) und Nina Hoss („Phoenix“) gegenüber. In den englischsprachigen Folgen sind unter anderem David Tennant („Dr. Who“) und Hayley Atwell („Marvel“-Universum) zu sehen.
Hoher Spannungsfaktor
Aufgrund des minimalistischen Sets kann der Zuseher nicht von aufwendigen Szenerien und schnellen Perspektivenwechseln abgelenkt werden. Der Erfolg der Serie steht und fällt also mit der Qualität des Drehbuchs und den – teils herausragenden – schauspielerischen Leistungen. Das Konzept geht fast immer auf: Der Großteil der Episoden schafft es, den Zuseher auch ohne durchgetaktete Actionszenen in den Bann zu ziehen. Da freut man sich beinahe über die Atempause, wenn die inhaftierte Claudia (Nina Hoss), die mitverantwortlich am Mord von sechs Mädchen ist, eine ganze Minute damit verbringt, ein hartes Ei zu köpfen. Oder damit, ein Lied zu summen. Oder eine Zigarette zu rauchen.
Keine Verbindung der Ermittlerteams
Netflix hat sich das Ziel gesetzt, die erste länderüberschreitende Krimiserie zu schaffen. Das ist nur bedingt gelungen. Denn obwohl alle zwölf Folgen im selben Studio in Madrid gedreht wurden, sucht man länder- und folgenübergreifende Zusammenhänge leider vergebens. Schade, denn mit Schauspielern wie Sylvester Groth, der in „Inglorious Basterds“zu sehen war, hätte man eine Besetzung, die mühelos auch auf Englisch mit den britischen Ermittlern interagieren hätte können. Alle vier Ermittlerteams frequentieren denselben Snackautomaten – treffen sich aber nie.
Criminal. Serie. UK/D/F/ES 2019. Vier Teams, je drei Folgen. Regie: Diverse. Ab heute bei Netflix. KURIER-Wertung:
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