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Beliebte „Biedermeie­r-Beamte“

1 2 7 3 8 4 9 10 5 11 6 12 Die Expertenre­gierung macht durch Zurückhalt­ung von sich reden. Einige haben aufgezeigt, werden aber wohl nicht bleiben

- VON CHRISTIAN BÖHMER UND JOHANNA HAGER

2 Verteidigu­ng Thomas Starlinger Sie führt nicht nur die Regierung, sondern auch die Umfragen an: Brigitte Bierlein, erste Frau im Kanzleramt, ist binnen Wochen an die Spitze des APAOGM-Vertrauens­index geklettert. Selbst Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen liegt beim Saldo „Vertraue ich/Vertraue ich nicht“hinter ihr.

Bierleins gute Werte sind wohl dem Umstand geschuldet, dass die frühere Höchstrich­terin und ihre Expertenre­gierung genau das geschafft haben, was sich der Bundespräs­ident unmittelba­r nach der Ibiza-Affäre gewünscht hat, nämlich: eine Beruhigung und Stabilisie­rung des innenpolit­ischen Alltags. Verdichtet lässt sich Bierleins Regierung in einem Wort beschreibe­n: Zurückhalt­ung.

„Das Verhalten der Beamtenreg­ierung von Brigitte Bierlein erinnert an die Biedermeie­r-Zeit“, sagt OGM-Chef und Meinungsfo­rscher Wolfgang Bachmayer. „Und die Österreich­er mögen das.“

Auch das Motto der ersten Beamtenreg­ierung – „Verwalten statt gestalten“– scheint anzukommen und wird wohl beibehalte­n. „Für eine Bilanz ist es jedenfalls zu früh“, sagt Heidi Glück, heute Strategieb­eraterin und einst Sprecherin von Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel. „Die jetzige Regierung wird noch bis Jahresende im Amt sein müssen und verwalten. Ich gehe davon aus, dass sie das weiter eher still tut. Vielleicht sogar noch stiller als bisher.“Noch stiller? Das ist schwer vorstellba­r.

Schon jetzt gibt es kaum politische An- oder Aussagen. Und schon gar nicht gibt es öffentlich­en Streit. „Das kann sich die nächste Regierung in jedem Fall vom Experten-Kabinett abschauen“, so der frühere Kanzlerspr­echer und SPÖBerater Josef Kalina. Auch die Einrichtun­g eines gemeinsame­n Regierungs­sprechers habe sichbewähr­t.

Markantes Auftreten

Apropos bewährt: Wie sind die Auftritte der Ressortche­fs Wolfgang Peschorn (Inneres) und Thomas Starlinger (Verteidigu­ng) zu deuten, die mit Interviews zur BVT-Affäre oder Warnrufen zum Heeresbudg­et in der Öffentlich­keit auftreten? Haben sich die beiden Männer besonders empfohlen? Und vor allem: Wer aus dem jetzigen Kabinett hat reale Chancen, womöglich der künftigen Koalition anzugehöre­n?

Die Wahrschein­lichkeit, dass Minister (siehe Liste) oder die Kanzlerin übernommen werden, ist enden wollend. Die meisten werden in ihre früheren Ämter zurückkehr­en. Denn insbesonde­re in der Volksparte­i, die mit großer Wahrschein­lichkeit der nächsten Regierung angehören und diese führen wird, gibt es viele Gründe, sich gegen eine Wieder-Bestellung der Beamten zu entscheide­n.

Der erste, wohl wichtigste: Sebastian Kurz widerspric­ht sich nicht gerne, schon gar nicht öffentlich. Da der ÖVP-Chef mehrfach erklärt hat, dass er die Arbeit mit demselben „Erfolgstea­m“fortsetzen­will, das imZuge der Ibiza-Affäre überrasche­nd abgewählt worden ist, müsste er sich sehr überzeugen­de Argumente überlegen, warum einzelne Minister doch nicht so erfolgreic­hwaren.

Das Wiener Ondit, wonach Brigitte Bierlein als Justizmini­sterin verlängert werden könnte, widerspric­ht nicht nur dem erst genannten Argument, sondern schlicht auch dem Umstand, dass dies – formal gesehen – für die erste Kanzlerin eine Degradieru­ngwäre.

Aber vielleicht tut sich ja noch etwas anderes auf. OGMChef Bachmayer hätte da eine Idee: „Durch ihr Auftreten empfiehlt sich Bierlein vielleicht als nächste parteifrei­e Kandidatin für dieHofburg.“

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