Beliebte „Biedermeier-Beamte“
1 2 7 3 8 4 9 10 5 11 6 12 Die Expertenregierung macht durch Zurückhaltung von sich reden. Einige haben aufgezeigt, werden aber wohl nicht bleiben
2 Verteidigung Thomas Starlinger Sie führt nicht nur die Regierung, sondern auch die Umfragen an: Brigitte Bierlein, erste Frau im Kanzleramt, ist binnen Wochen an die Spitze des APAOGM-Vertrauensindex geklettert. Selbst Bundespräsident Alexander Van der Bellen liegt beim Saldo „Vertraue ich/Vertraue ich nicht“hinter ihr.
Bierleins gute Werte sind wohl dem Umstand geschuldet, dass die frühere Höchstrichterin und ihre Expertenregierung genau das geschafft haben, was sich der Bundespräsident unmittelbar nach der Ibiza-Affäre gewünscht hat, nämlich: eine Beruhigung und Stabilisierung des innenpolitischen Alltags. Verdichtet lässt sich Bierleins Regierung in einem Wort beschreiben: Zurückhaltung.
„Das Verhalten der Beamtenregierung von Brigitte Bierlein erinnert an die Biedermeier-Zeit“, sagt OGM-Chef und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. „Und die Österreicher mögen das.“
Auch das Motto der ersten Beamtenregierung – „Verwalten statt gestalten“– scheint anzukommen und wird wohl beibehalten. „Für eine Bilanz ist es jedenfalls zu früh“, sagt Heidi Glück, heute Strategieberaterin und einst Sprecherin von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. „Die jetzige Regierung wird noch bis Jahresende im Amt sein müssen und verwalten. Ich gehe davon aus, dass sie das weiter eher still tut. Vielleicht sogar noch stiller als bisher.“Noch stiller? Das ist schwer vorstellbar.
Schon jetzt gibt es kaum politische An- oder Aussagen. Und schon gar nicht gibt es öffentlichen Streit. „Das kann sich die nächste Regierung in jedem Fall vom Experten-Kabinett abschauen“, so der frühere Kanzlersprecher und SPÖBerater Josef Kalina. Auch die Einrichtung eines gemeinsamen Regierungssprechers habe sichbewährt.
Markantes Auftreten
Apropos bewährt: Wie sind die Auftritte der Ressortchefs Wolfgang Peschorn (Inneres) und Thomas Starlinger (Verteidigung) zu deuten, die mit Interviews zur BVT-Affäre oder Warnrufen zum Heeresbudget in der Öffentlichkeit auftreten? Haben sich die beiden Männer besonders empfohlen? Und vor allem: Wer aus dem jetzigen Kabinett hat reale Chancen, womöglich der künftigen Koalition anzugehören?
Die Wahrscheinlichkeit, dass Minister (siehe Liste) oder die Kanzlerin übernommen werden, ist enden wollend. Die meisten werden in ihre früheren Ämter zurückkehren. Denn insbesondere in der Volkspartei, die mit großer Wahrscheinlichkeit der nächsten Regierung angehören und diese führen wird, gibt es viele Gründe, sich gegen eine Wieder-Bestellung der Beamten zu entscheiden.
Der erste, wohl wichtigste: Sebastian Kurz widerspricht sich nicht gerne, schon gar nicht öffentlich. Da der ÖVP-Chef mehrfach erklärt hat, dass er die Arbeit mit demselben „Erfolgsteam“fortsetzenwill, das imZuge der Ibiza-Affäre überraschend abgewählt worden ist, müsste er sich sehr überzeugende Argumente überlegen, warum einzelne Minister doch nicht so erfolgreichwaren.
Das Wiener Ondit, wonach Brigitte Bierlein als Justizministerin verlängert werden könnte, widerspricht nicht nur dem erst genannten Argument, sondern schlicht auch dem Umstand, dass dies – formal gesehen – für die erste Kanzlerin eine Degradierungwäre.
Aber vielleicht tut sich ja noch etwas anderes auf. OGMChef Bachmayer hätte da eine Idee: „Durch ihr Auftreten empfiehlt sich Bierlein vielleicht als nächste parteifreie Kandidatin für dieHofburg.“