Land der Affären
Österreichs Skandale. Die Causa Ibiza ist beiWeitemnicht der einzige politische Skandal, der dieZweiteRepublik beschäftigte. Österreich ist reich anAffären, die das Land mehr oder weniger nachhaltig erschüttert haben. EineAuswahl.
Politische Affären, Korruption, Vertuschungen – tausende Seiten Akten wurden damit in der Zweiten Republik gefüllt. Doch haben die Skandale der vergangenen Jahrzehnte etwas verändert?
„Sie bleiben nicht völlig ohne Folgen“, erklärt Walter Geyer,d er derer steAnti korrupt ions staatsanwalt Österreichs war. Denn die Gesetze würden danach oft verschärft. Aber: „Einen Paragrafen, der die Korruption endgültig beendet, gibt es nicht.“
Es wird ihn auch nicht geben. Nachgeschärft werde auch auf der Gegenseite. Sie passt sich an die neuen Gesetze an. Politische Korruption ist oft moralisch gesehen verwerflich, juristisch jedoch in vielen Bereichen nicht klar geregelt.
Die Gier
Die Ursache für Bestechlichkeit sei jedenfalls nicht zu verhindern. Es ist – „die Gier“, sagt Geyer seit 2012 in Pension. Doch es gibt Maßnahmen zur Verhinderung von Korruption: „Transparenz ist die Überschrift bei Korruptionsbekämpfung“, so Geyer. Klingt einfach, ist es aber nicht. Österreich hat es im „Korruptionswahrnehmungsindex 2018“von Transparency International auf Rang 14 geschafft. Im EU-Vergleich liegt es hinter Finnland und Schweden, den Niederlanden und Luxemburg, Deutschland und Großbritannien.
Die Freundschaften
Manche Affären könnten sich heute nicht wiederholen, sagt Geyer. Noricum führt er an. Denn Waffenproduktion in dieser Größenordnung gebe es nicht mehr – auch als Konsequenz des Skandals. Dieser war an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft angesiedelt. Beim Fall Lucona pflegte Udo Proksch Freundschaften mit Politikern. Geyer: „In beiden Fällen hat sich die Justiz schwergetan, gegen die Interessen der Regierung aufzuklären.“Auch in anderen dauerte es oft Jahre, bis die Missstände aufgedeckt wurden.
Was aber dann? Politiker und Manager mussten zurücktreten und nicht selten vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und Gerichten erscheinen. Es gab zahlreiche Verurteilungen.
Bisher kamen in der Zweiten Republik zwei ehemalige Innenminister ins Gefängnis. Franz Olah (SPÖ, ÖGB-Präsident) fasste 1969 ein Jahr „schweren Kerker“aus. Er hatte ÖGB-Gelder veruntreut. 2014 erwischte es Ernst Strasser, ÖVP-Innenminister von 2000 bis 2004. Er war als Europaabgeordneter 2010 Journalisten auf den Leim gegangen, die mit versteckter Kamera sein Angebot filmten, gegen Honorar die EU-Gesetzgebung zu beeinflussen: Drei Jahre Haft wegen Bestechlichkeit.
Die Gerichte und U-Ausschüsse haben weiter zu tun: Von Buwog und Ibiza bis BVT gibt es noch einiges, was Justiz und Politik beschäftigt.
Das Geschichtsbild
Nicht alle Affären haben mit Korruption zu tun. Die Aufarbeitung der Nazivergangenheit war von der Causa Kreisky-Wiesenthal und vom Waldheim-Skandal geprägt. Er änderte das Geschichtsbild.