Kurier

Kreisky gegen Wiesenthal

1975. Der SPÖ-Bundeskanz­ler gegen den „Nazijäger“

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1 Der Hintergrun­d Der Leiter des Jüdischen Dokumentat­ionsarchiv­s, Simon Wiesenthal, veröffentl­icht 1975 das „Dossier Peter“. Darin wirft er dem FPÖ-Obmann Friedrich Peter vor, seine ehemalige Mitgliedsc­haft bei der berüchtigt­en 1. SS-Infanterie­brigade zu verschweig­en. Zum Skandalwei­tet sich der Fall aus, als Bruno Kreisky Peter vor versammelt­er Presse verteidigt. Der FPÖ-Obmann sei keiner NS-Kriegsverb­rechen schuldig, erklärte Kreisky. Und er wirft Simon Wiesenthal Mafia-Methoden vor. Wiesenthal sei selbst ein Nazi-Kollaborat­eur und Gestapo-Informant gewesen.

Die Konsequenz­en

Wiesenthal klagt; der damalige SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer droht, einen parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss gegen Wiesenthal einzusetze­n. Dieser zieht seine Klage zurück.

Damit ist der Konflikt allerdings noch nicht zu Ende: 1986 beschuldig­t Kreisky Wiesenthal erneut der Kollaborat­ion mit den Nazis. Kreisky wird wegen übler Nachrede im Jahr 1989 zu einer bedingten Geldstrafe von 270.000 Schilling (19.621 Euro) verurteilt. Wiesenthal erklärt später zur Causa: „Kreisky hat verloren, und anstatt die Geldstrafe zu bezahlen, ist er gestorben.“

Der Fall führt antisemiti­sche Ressentime­nts und den Umgang Österreich­s mit seiner NS-Vergangenh­eit in den 1970er- und 1980er-Jahren vor Augen. Man müsse die Vergangenh­eit doch endlich ruhen lassen, ist die Reaktion auf die Affäre.

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