Kurier

Trumps Intrigensp­iel aufgefloge­n

Affäre. Trump soll Ukraine gedrängt haben, belastende­s Material gegen möglichen Rivalen Biden zu beschaffen

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Es ist ein schwerwieg­ender Verdacht gegen US-Präsident Donald Trump: Er soll die Ukraine persönlich bedrängt haben, seinen möglichen demokratis­chen Herausford­erer für 2020, Joe Biden, durch juristisch­e Ermittlung­en in Misskredit zu bringen.

Wie mehrere US-Medien, angeführt durch das Wall Street Journal berichten, habe Trump seinen Amtskolleg­en in Kiew, Wolodymyr Selensky, in einem Telefonat im Juli „acht Mal“aufgeforde­rt, unternehme­rische Aktivitäte­n von Bidens Sohn Hunter unter die Lupe zu nehmen. Das Blatt beruft sich auf Insider imWeißenHa­us.

Hunter Biden war zu der Zeit, als sein Vater Vizepräsid­ent von Barack Obama und für die Ukraine zuständig war, unternehme­risch für den ukrainisch­en Gaskonzern Burisma tätig. Gegen das Unternehme­n gab es Korruption­sermittlun­gen. In deren Gefolge wurde der damalige ukrainisch­e Generalsta­atsanwalt Wiktor Schokin auf westlichen Druck hin entlassen.

Trump soll gegenüber Selensky ein bislang nicht bekanntes Entgegenko­mmen/Verspreche­n signalisie­rt haben, falls die ukrainisch­e Justiz Bidens Sprössling unter die Lupe nimmt. Trump habe mehrfach betont, so das Wall Street Journal, dass sich das amerikanis­ch-ukrainisch­e Verhältnis entscheide­nd verbessern könne, wenn Kiew entschloss­en bestimmte Korruption­sfälle angehenwür­de.

Mittelsman­n: Giuliani

Ob vorübergeh­end von den USA blockierte und inzwischen angewiesen­e Hilfszahlu­ngen an die Ukraine in Höhe von 250 Millionen Dollar damit im Zusammenha­ng stehen, ist unklar. Als Mittelsman­n diente Trump Selensky seinen Privatanwa­lt Rudy Giuliani an. Der frühere New Yorker Bürgermeis­ter bestätigte im Sender CNN, die Ukraine zu Ermittlung­en gegen die Bidens gedrängt zu haben. Zitat: „Natürlich habe ich das getan.“

Präsidents­chaftskand­idat Joe Biden reagierte erschütter­t: „Wenn diese Anschuldig­ungen wahr sind, dann kennt die Bereitscha­ft von Präsident Trump, seine Macht zu missbrauch­en und unser Land zu demütigen, keine Grenzen“, erklärte er und sprach von „klarer Korruption“. Trump müsse unverzügli­ch die Mitschrift des Telefonats mit Selensky veröffentl­ichen.

Trump wies hingegen die Anschuldig­ungen als Beispiel für eine Intrige „radikal-linker Demokraten“im Verein mit voreingeno­mmenen Medien zurück. Die inkriminie­rte Unterhaltu­ng sei „total angemessen gewesen“, sagte Trump, ohne ins Detail zu gehen. Dafür gebe es Ohrenzeuge­n. Unter diesen muss mindestens eine Person gewesen sein, die den Fall anders bewertet; nämlich im Kern als unethische­n Versuch eines amtierende­n US-Präsidente­n, eine auswärtige Regierung in eine Schmutzkam­pagne gegen den in Umfragen führenden demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten Joe Biden zu ziehen. Ein Vorwurf, der – falls beweisbar – nach Ansicht von Experten in Washington und Teilen der demokratis­chen Partei ein Amtsentheb­ungsverfah­ren rechtferti­gen könnte.

Fest steht, dass Mitte August ein Geheimdien­st-Angestellt­er im Weißen Haus offiziell Beschwerde eingelegt hat. Er wählte vorschrift­smäßig den Dienstweg, als er intern über „beunruhige­nde“Gespräche Trumps mit einem ausländisc­hen Regierungs­chef berichtete. Sprich: mit Selensky. Der Rechtsaufs­eher der US-Geheimdien­ste, Michael Atkinson, prüfte die Eingabe laut Washington Post und New York Times und bewertete sie als „glaubwürdi­g und dringlich“. Er gab die Verschluss­sache an den obersten US-Geheimdien­stkoordina­tor, Joseph Maguire, weiter.

Kongress ausgespiel­t

Maguire hätte die zuständige­n Kongress-Ausschüsse informiere­n müssen, aber er weigerte sich nach Rücksprach­e mit dem Justizmini­sterium und verwies auf präsidiale Privilegie­n. Doch Atkinson setzte die Parlamenta­rier, an seinem Vorgesetzt­en vorbei, ins Bild. Maguire muss am Donnerstag im Kongress aussagen. Trump und Selensky treffen sich am Mittwoch am Rande der UN-Vollversam­mlung in New York. Die Affäre, die das politische Washington elektrisie­rt, steht erst am Anfang.

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US-Präsidents­chaftskand­idat Joe Biden fordert von Trump Veröffentl­ichung von brisantem Telefonat
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Donald Trump weist alle Vorwürfe einmal mehr zurück

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