Schlaues Auge soll Unfälle vermeiden
Straßenverkehr. Eine KremserHightech-Firmawill bei den Lkw-Abbiegeassistenten internationalmitmischen
„Unser geliebter Sohn ist auf dem Schulweg von einem abbiegenden Lkw überfahren worden. Er durfte nur neun Jahre alt werden.“Die Worte eines trauernden Familienvaters aus Wien lösten Anfang Februar eine bundesweite Debatte über verpflichtende Abbiegeassistenten in Lastautos aus. Das kurze Fehlverhalten eines Lkw-Lenkerswar Grund dafür, dass der Schüler beim Überqueren des Schutzwegs erfasst und getötet wurde.
Allein im Vorjahr starben 14 Fußgänger und Radfahrer bei Kollisionen mit Lastautos. Seit Schulbeginn fördert der Bund immerhin das freiwillige Nachrüsten bereits zugelassener Schwerfahrzeuge.
Um schwere Unfälle im „toten Winkel“zu vermeiden, tüftelt das niederösterreichische Technologie-Unternehmen „AVI Systems“aus Krems an einem Hightech-Warner – im Gegensatz zu anderen Anbietern auf Basis künstlicher Intelligenz. Mit dem „Careye Safety Angle“(ab 2.500 Euro pro System) will man ab sofort als innovativer Hersteller internationalmitmischen.
„Unser großes Ziel ist, dass wir ab 2022, wenn alle neuen Lastautos EU-weit mit dem Warnsystem ausgestattet sein müssen, mit an Bord sind“, sagt Johannes Traxler, Geschäftsführer von „AVI Systems“. Aufgrund der Aktualität habe man den ursprünglichen Zeithorizont verworfen und bei der Entwicklung der Technik aufs Tempo gedrückt, um sie nach der Zulassung im Herbst schon ab Jänner 2020 anbieten zu können. Bis zu 50 Mitarbeiter waren im Prozess beteiligt. Dank einer vorhandenen Basistechnik, die bereits in Straßenbahnen und Zügen erfolgreich eingesetzt wird, sei eine rasche Weiterentwicklung möglich gewesen.
Warnsignal
Das System besteht aus fünf Teilen: Kamera, Kontrollbox, Monitor, Blinklicht und Akustikgeber. Eingebaut im Lastwagen soll der intelligente Assistent dem Lenker in unübersichtlichen Situationen präzise Angaben liefern, ob er abbiegen oder die Fahrbahn wechseln kann. Steht eine Person im toten Winkel, bekommt er einWarnsignal und kann mithilfe des Bildschirms die Informationen nochmals nachkontrollieren. „Die Stärke unserer Entwicklung liegt darin, dass unser selbst entwickelter Kamerasensor in Echtzeit ruhende Objekte wie beispielsweise Mülltonnen am Straßenrand von stehenden Personen unterscheiden kann“, erklärt Traxler.
Außen angebrachte und beheizte Kameralinsen behalten Tag und Nacht jedenWinkel bis zur Rückwand des Lkw im Blickfeld und liefern hochauflösende Videobilder in eine zentrale Kontrollbox, in der die ausgeklügelte Software alle Daten verarbeitet. „Je nach Relevanz der Verkehrssituation reagiert das System. Es dient auch als Geschwindigkeits-, Spurwechselund Rückfahrassistent“, erklärt Traxler. Ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung sei auch ein möglichst geringer Stromverbrauch gewesen.
Bald will man auch in vielen neuen Lkw mit an Bord sein. Dabei soll ein intelligenter Außenspiegel (mit Kamera und Monitor) den optischen Spiegel ersetzen. Erste Gespräche mit Fahrzeugherstellern laufen.