Kurier

Das umkämpfte Raumschiff

KTM Motohall. Sie beeindruck­t und spielt alle Stücke. EinMuseumi­mklassisch­en Sinn ist sie aber nicht

- VON MATTHIAS NAGL

Es sieht aus, als hätte ein Raumschiff den Stadtplatz von Mattighofe­n knapp verfehlt: Wer schon länger nicht mehr in dem beschaulic­hen Städtchen im Innviertel war, erkennt Mattighofe­n kaum wieder. Mitten im Zentrum steht seit Mai die KTM Motohall – und prägt das Stadtbild unübersehb­ar. Von einem neuen Wahrzeiche­n sprach Bürgermeis­ter Friedrich Schwarzenh­ofer bei der Eröffnung des Museums.

Bald darauf kam das Projekt wegen einer Landesförd­erung in der Höhe von fast fünfMillio­nen Euro – 1,8 Millionen davon aus dem Kulturbudg­et – in die Schlagzeil­en. Die Diskussion drehte sich um die Frage, ob eine so hohe Förderung für ein Firmenmuse­um gerechtfer­tigt sei. Ist die Motohall überhaupt ein Museum? Der KURIER begab sich auf Lokalaugen­schein.

Schon vor Betreten der Motohall steht fest: der Bau ist ein architekto­nischer Blickfang und von außen beeindruck­end. Auch das Innenleben ist architekto­nisch außergewöh­nlich. Einzelne Ausstellun­gselemente ziehen sich über alle drei Ebenen. An Inhalten zeigt die Motohall genau das, was man sich von einem Motorrad-Museum erwartet.

Die Motorräder wurden in alle Einzelteil­e zerlegt, ebenso ein Motor. Interaktiv kann man an verschiede­nen Stationen den Produktion­sprozess verfolgen. Überhaupt wurde vielWert auf Interaktiv­ität gelegt. Die Station zur Fahrassist­enz zum Beispiel spielt alle Stücke der modernenWi­ssensvermi­ttlung.

Exponatsuc­he im Internet

Anhand der Originalge­fährte von den Anfangszei­ten in den 1950er-Jahren bis zur Gegenwart lässt sich der Wandel in der Designspra­che von Zweirädern erkennen.

Auch in Sachen Marketing lässt sich jede Menge lernen. Früher hat man die Motorräder scheinbar lackiert, wie es einem gerade gefiel, heute sind die Zweiräder strikt an die Firmeniden­tität angepasst – außer Orange und Schwarz geht bei KTM nicht viel.

Im Untergesch­oß befinde sich eine Schauwerks­tatt, in der man Mechaniker­Manfred Schickbaue­r beim Restaurier­en zukünftige­r Ausstellun­gsstücke zuschauen kann. Der Smalltalk mit ihm kommt vor allem bei Liebhabern und Sammlern „extrem gut an“, erzählt Schickbaue­r. „Viele wollen wissen, wo wir die alten Motorräder und die Teile herhaben.“

Sie zu bekommen, sei angesichts des Konkurses 1991 gar nicht so einfach gewesen. Im Unternehme­n waren nicht mehr viele alte Modelle vorhanden. „Ich war viel auf ,willhaben‘ und auf Flohmärkte­n unterwegs und habe Kleinanzei­gen durchstöbe­rt“, sagt Schickbaue­r.

Anhand des Konkurses zeigt sich auch, dass man an Unternehme­n-Erlebniswe­lten wohl nicht die gleichen Maßstäbe anlegen darf wie an objektiv kuratierte Museen. Das einschneid­ende Ereignis in der KTM-Geschichte kommt in der Motohall in ganzen zehn Worten und einer Jahreszahl vor. Auch über KTM hinausgehe­nde Verweise auf die MotorradGe­schichte insgesamt sucht man vergeblich.

Nicht nur bei Gästen ist die Erlebniswe­lt beliebt. „Ich war noch nicht drinnen, aber sie ist auf jeden Fall Spitze. Ich werde sie mehr bald anschauen“, sagt Erich Windhager. Auch mit der Verwendung von Steuergeld­ern hat der Pensionist aus einem Nachbarort kein Problem. „Das ist in Ordnung. Die Leute sind prinzipiel­l gegen alles, was etwas bringt“, meint er.

KTM-Finanzvors­tand Viktor Sigl verweist darauf, dass die Stadt auf das Unternehme­n zugekommen sei. „Sie haben uns das Grundstück angeboten. Es war mit Land und Stadt abgemacht, dass dafür, dass wir hier öffentlich­en Raum schaffen, die öffentlich­e Hand einen Beitrag leistet.“Die schließlic­h investiert­en 35 Millionen Euro seien deutlich mehr als ursprüngli­ch geplant. „Für den laufenden Betrieb bekommen wir überhaupt keine Förderung“, sagt der Manager. Vermutlich hat die politische Diskussion der Motohall aber noch ein bisschen Gratis-Werbung gebracht.

 ??  ?? Der Wandel im Motorrad-Design lässt sich gut nachverfol­gen
Der Wandel im Motorrad-Design lässt sich gut nachverfol­gen
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In der Schauwerks­tatt schraubt der Museumsmec­haniker
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Finanzvors­tand Sigl: „Wir haben öffentlich­en Raum geschaffen“

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