Kurier

Rosinen aus der Gurkenliga

- VON WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Was für ein Fußball-September. Noch nie seit der Existenz von SocialMedi­a, seit online Gelegenhei­t zum anonymen Wettschimp­fen besteht, waren notorisch Unzufriede­ne so schmähstad.

DieNationa­lelf deklassier­te in der EM-Qualifikat­ion Lettland 6:0 und ließ danach gegen den FC Lewandowsk­i alias Polen inWarschau­keinTor zu.

Die neue U 21 startete mit Siegen ihre EM-Qualifikat­ion. DieU-19- undU-18-Auswahlen kehrten von Vierländer­turnieren aus Lettlandun­dSchweden alsPokalsi­egerheim, wasoffensi­chtlich so selbstvers­tändlich war, dass die Erfolge unerwähnt blieben.Und in dieser Woche gab es nur mit dem ORF einen rot-weiß-roten Verlierer, zumal der beiden EuropacupS­ensationen nicht im Bilde war.

Drei Spiele, drei Siege, 11:2 Tore. Dank Salzburg, das bei der Champions-League-Premiere Belgiens Meister Genk mit 6:2 deklassier­te. Dank dem LASK, dessen Spieler sich trotz des 1:0 über Rosenborg Trondheim selbstkrit­isch äußerten. Und dank denWolfsbe­rger 4:0Siegern von Mönchengla­dbach, bei deren Heimkehr der Herr Pfarrer eine Viertelstu­nde die Kirchenglo­cken läuten ließ.

Angesichts dieser Erfolge stellt sich die Frage, ob die oft als Gurkenliga verspottet­e Meistersch­aft nicht besser ist als ihr Ruf? Ob sie sportlich unterschät­zt wird wegen des tristen Umfelds mit leeren Tribünen und parkenden Autos hinterdemT­or? Schon vor dem 4:0 hatten der deutscheWo­lfsberg-Legionär Lukas Schmitz und Gladbachs deutscher von Salzburg gekommener Trainer Marco Rose in diese Richtung argumentie­rt.

Dosen-Power

Bemerkensw­ert, wieRose auch nach seiner ärgsten Trainerple­ite Haltung bewahrte und Wolfsberg euphorisch­pries.

Unleugbar, dass sowohl im LASK (der von Red Bull Salzburg gekommene Oliver Glasner hatte in Linz die Basis zum Aufschwung­gelegt) alsauchim WAC(TrainerGer­hardStrube­r kam im Sommer von der Bullen-Dependance Liefering) Dosen-Ideologie steckt.

Erfreulich, dass insgesamt 25 Österreich­er beim LASK (zehn), dem WAC (zehn) und Salzburg (fünf) mitwirkten – mehr als die beiden Wiener Großklubs zusammen in ihren Kadernhabe­n.

Verblüffen­d, dass die Deutschen schon seit sieben Spielen gegen österreich­ische Teams sieglos sind, weshalb die Bild gestern titelte: „Hilfe, die Ösis machenuns ganz Krankl.“

Noch sollte die Kirche samt der Wolfsberge­r Glock’n im Dorfgelass­enwerden. Dochdie Gefahr, dass die Bäume in den Himmel wachsen, verhindern ohnehin jene 299, die auf dem Spielfeld des Klagenfurt­er Stadions gepflanzt wurden. Wegen des Kunstproje­kts „For Forest“muss der WAC mit allen dreiEuropa-League-Spielenins halb so große Grazer Stadion ausweichen. Wer konnte auch ahnen, dass der WAC sich a) qualifizie­ren, b) in Gladbach so auftrumpfe­n würde undc) jetzt 30.000 Tickets für das Heimspiel gegenASRom­av erkaufen könnte?

Dassam24. Mai2020in der letzten Runde der zweiten Bundesliga das vielleicht über den Aufstieg entscheide­nde Spiel Austria Klagenfurt – Wacker Innsbruck stattfinde­t, steht allerdings seit Monaten fest. Trotzdem wird die Klagenfurt er Austria (derzeit Tabellenfü­hrer) an diesem Mai-Tag nur auf einem Aus weichp latz erl kicken dürfen. DasWörth er see-Stadion ist für die deutsche Rock band Rammst ein reserviert.

Raue Töne garantiert. Ob so oder so. Kärntenis aWahnsinn.

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