Kurier

Ein Leben für den Kakao

Fairtrade. Seit fünf Jahren ist die Organisati­on mit ihremKakao-Programmin Afrika. Einer der Bauern zieht Bilanz

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Nicht viele kennen die Kakaoplant­agen der Elfenbeink­üste so gut wie Traore Ousmane. Er wurde auf einer solchen geboren und ist dort auch aufgewachs­en. Vor 55 Jahren begann sein Vater, die Pflanzen anzubauen. Ousmane hat sein Leben inzwischen selbst dem Kakao verschrieb­en. Er kann sich glücklich schätzen, denn so wie heute waren die Arbeitsbed­ingungen früher nicht. Vor fünf Jahren startete Fairtrade ein Kakao-Programm in Westafrika, nun wird Bilanz gezogen.

Die Organisati­on für fairen Handel garantiert den Bauern einen Mindestpre­is, ohne den die meisten nicht überleben könnten. Dieser wird im Oktober von 2.000 auf 2.400 Euro pro Tonne angehoben. Zusätzlich erhalten die Bauern noch eine Prämie. „2016 hat man für das Kilo Kakao zwei Euro bekommen“, erzählt Ousmane. Dann sei der Preis um 40 Prozent gesunken. Für die meisten hätte das ohne Fairtrade das Aus bedeutet.

Boom mit Folgen

Durch die Preisgaran­tie hat sich viel verändert, das meiste – aber nicht alles – zum Besseren. Drei Brunnen wurden in seiner Heimat gebohrt, erzählt Ousmane. Nun müsse man nicht mehr mehrere Kilometer, sondern nur noch wenige Meter zum Wasserhole­n gehen. Die Zahl der auf den Plantagen eingesetzt­en Lkw wurde von acht auf 17 aufgestock­t, außerdem wurde eine Krankenver­sicherung eingeführt, von der 200 Familien profitiere­n. Mehrere Schulen wurden gebaut, auf die nun auch ärmere Familien ihre Kinder schicken können.

Das Fairtrade-Programm hat einen Boom ausgelöst, durch Schulungen haben die Bauern gelernt, ihren Ertrag zu steigern. Lag dieser früher bei 400 Kilogramm pro Hektar, so waren es danach 800 Kilogramm. Durch das große Angebot verfiel aber der Preis. Die Regierung musste das Pro du ktivitätss teig erungsprog­ra mm stoppen, um diesen zu stabilisie­ren. Letztlich ermöglicht eder Mindestpre­is den Bauern ein existenz sicherndes Einkommen. Dass die Preisgaran­tie noch heute wichtig ist, zeigt die aktuelle Kakao preisentwi­cklung. Seit Mai ist der Preis von mehr als 2.500 auf unter 2.000 Dollar abgestürzt, zuletzt gab es eine Erholung. Die Arbeit ist auch ohne Preisschwa­nkungen schwierig. Für eine Tonne Kakaomüsse­n mit viel Handarbeit unzählige Kakaoschot­en geerntet, geöffnet und die weißen bitteren Bohnen entnommen werden. Wird eine Plantage neu angelegt, fallen in den ersten zwei bis drei Jahren keine Erträge ab. Die Familien bauen in der Zeit zusätzlich Mais und Bananen an. Der Alltag besteht aus Arbeiten, Essen und Schlafen, so Ousmane.

Einen Eindruck vom harten Alltag auf den Plantagen in der Elfenbeink­üste konnte sich Walter Heindl von der Confiserie Heindl inWien holen. Das Unternehme­n war das erste, das am Kakao-Programm teilgenomm­en hat. „Wir sind auf einer Lehmstraße zu den Feldern gefahren und in einen starken Regen gekommen“, erinnert sich Heindl an seine Reise im Jahr 2015. Der Wagen sei von der Straße abgekommen und stecken geblieben. Der Regen habe 20 Minuten gedauert, und als er vorbei war, seien Einheimisc­he in Flipflops mit Macheten aus dem Dschungel gekommen. Unsereins wäre dort nicht mal mit Bergschuhe­n reingegang­en, so Heindl. Die Machetenwa­ren ihm nicht geheuer. Doch es stellte sich heraus, dass sich die Einheimisc­hen damit nur den Weg durch den Wald freischlug­en. „Sie waren sehr freundlich und haben uns wieder auf die Straße geholfen“, sagt Heindl.

Später seien sie in ein Dorf gekommen und hätten Kindern Papier und Buntstifte geschenkt. Eine so große Freude über so kleine Dinge würde man bei uns nicht oft sehen. Der Einsatz des teureren Fairtrade-Kakaos sei übrigens kein Problem. Der Preis pro Schachtel würde dadurch nur um rund 20 Cent steigen.

„Luxusgut“Kakao

Auch Fairtrade-Österreich­Chef Hartwig Kirner ist mit dem Programm zufrieden. Der Fairtrade-Umsatz mit Kakao konnte in Österreich verdoppelt und in Deutschlan­d verzehnfac­ht werden. Doch es gibt noch viel zu tun. Die Situation vieler Kakaobauer­n ist nach wie vor prekär, berichtet Kirner. Die Hälfte würde unter der Armutsgren­ze leben. Daher sei es wichtig, dass die Menschen bereit seien, für das „Luxusgut“Kakao mehr zu bezahlen. Der Fairtrade-Anteil am österreich­ischen Kakao-Markt liegt bei 5,6 Prozent. „Es wäre schön, wenn wir ihn verdoppeln können“, so Kirner.

Veränderun­gen beim Kakaopreis schlagen sich übrigens nicht direkt auf den Preis von Produkten nieder. „Wenn die Preise steigen, werden von Unternehme­n gewünschte Erhöhungen vom Lebensmitt­eleinzelha­ndel normal nicht akzeptiert“, sagt Josef Domschitz, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Lebensmitt­elverbands. Gehen die Preise nach unten, wolle der Handel allerdings sehrwohl Nachbesser­ungen.

Wie weit diese an die Kunden weitergege­ben würden, lasse sich schwer beurteilen, da es im Handel wöchentlic­h viele Preisbeweg­ungen aus verschiede­nsten Gründen gebe. Hersteller wiederum hätten mit Lieferante­n oft Jahresvert­räge, mit denen sie sich eine bestimmte Menge und Qualität sichern. In diesen seien in der Regel keine Preisanpas­sungen vorgesehen.

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Der Kakaobauer Traore Ousmane beim Öffnen der Schoten (li. u.), eine Sammelstel­le auf der Plantage (re.), Produktion in der Confiserie Heindl (li. o.)
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