Kurier

Stürmische Zeiten

Süß, spritzig und mit wenig Alkohol: Sturm erfreut sich wieder größerer Beliebthei­t. Weinbauer Andreas Moser verkauft vor allem an „Ab Hof“-Kunden, die sein „ehrliches Naturprodu­kt“schätzen

- VON CHRISTINA MICHLITS

s sind kleine und mittlere Weinbaubet­riebe, die in den vergangene­n Jahren wieder vermehrt auf Sturm setzen. Die großen Winzer haben das saisonale Produkt nur selten im Angebot, obwohl der perlende Traubensaf­t bei jeder Weinherste­llung entsteht. Der Seewinkler­Winzer Andreas Moser sieht großes Potenzial im Sturm, spricht über Produktion und Preis und erklärt, warum der gärende

Saft früher mehr Darmproble­me bereitet hat als heute.

EAnders als Wein gilt Sturm noch immer als Nischenpro­dukt – noch dazu nur im Osten Österreich­s. Warum können Sie ihre Produktion dennoch stark forcieren?

Wir haben mit dem „Ab Hof“-Geschäft gemerkt, wie hoch die Nachfrage ist. Die Leute schätzen das handgemach­te und ehrliche Naturprodu­kt wieder, das jeden Tag frisch hergestell­t wird. Das Potenzial des Getränks ist lange nicht erschöpft. Angefangen haben wir vor sechs Jahren mit einer kleinen Ratschenpr­esse. Wir haben mit viel Aufwand gerade einmal kübelweise Sturm gepresst – im ersten Jahr waren es 400 Liter. Heute produziere­n wir 15.000. Durch die Abnehmer, die wir jetzt auch in der Gastronomi­e („Das Fritz“) haben – und in anderen Bundesländ­ern wie Oberösterr­eich, Kärnten und der Steiermark – könnten wir sogar 30.000 Liter verkaufen. Dann ist für uns als Familienbe­trieb aber das Maximum erreicht.

Wie funktionie­rt die Auslieferu­ng an die Gastronomi­e, immerhin muss der Sturm dort ja zumindest einige Tage haltbar sein?

Nach dem Pressen wird zunächst einmal flotiert. Das bedeutet, dass der Saft der Trauben vorgeklärt wird – mit Gelatine und Stickstoff. Dieser Traubensaf­t wird gekühlt, bis wir ihn mit etwas Hefe für höchstens zwei Tage zimmerwarm stellen und die Fässer angären. Danach wird die Gärung durch Kühlung wieder auf ein Minimum gebracht und der Sturm ausgeliefe­rt. Er ist also noch sehr süß mit nur etwa drei Prozent Alkohol, wenn er von uns verkauft wird. Daher ist er noch etwa eineWoche haltbar.

Ein Doppler Sturm kostet sechs Euro. Das ist nicht gerade viel, wenn man die Kosten mitWeinpre­isen vergleicht. Ist das ein gutes Geschäft?

Ja, wenn ich mir zum Beispiel die Weine um zwei oder drei Euro in Diskontern ansehe, die dort verscherbe­lt werden. Da habe ich mit dem Sturm mehr Marge. Hier haben wir keine Füllkosten, keine Schraubver­schlüsse, ich bekomme fast alle Flaschen wieder retour und kann sie wieder befüllen. Für Wein braucht man noch dazu eine Prüfnummer und die Traubenpre­ise schwanken stark. Derzeit gibt es gerade einmal 30 Cent pro Kilo. Das Weingeschä­ftmacht ja immer noch 70 Prozent in unserem Betrieb aus.

Aber immer weniger Weinbauern produziere­n Sturm, wie passt das zusammen?

Der Fokus liegt bei den großen Winzern eben nur mehr auf demWein, und die kleinenWei­nbauern sterben aus. Außerdem ist die Herstellun­g zeitintens­iv und daher schon fast eine eigene Schiene, die man betreibt.

Hat sich durch den heißen Sommer die Produktion verändert?

Dieses Jahr sind wir zwei Wochen später dran als 2018. Es war einfach zu trocken. In der letzten Augustwoch­e haben wir den ersten Sturm verkostet – von Bouvier-Trauben. Danach verwenden wir Müller-Thurgau und am Ende Grüner Veltliner.

Personen mit sensiblem Darm haben oft Scheue davor, Sturm zu trinken, weil er Durchfall fördern könnte.

Das war früher sicher anders, als das Getränk noch nicht so stark gekühlt wurde und schnell durchgärte. Wenn nicht vorgeklärt wird, sind außerdem noch die ganzen Trübstoffe im Sturm. Zusammen mit der Gärung war das für den Körper sicher herausford­ernder, als es unser Sturm heute ist. Aber er regt die Verdauung natürlich eher an – vor allem, wenn man ihn nach dem Kauf nochweiter gären lässt.

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Seit sechs Jahren erzeugen Andreas und Melanie Moser Sturm

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