Michael Niavarani, Simpl-Eigentümer
Neu übernahme i mS impl.Michael Niavarani leitetWiens traditionsreich st es Kabarett
Der Kabarettist über Geschichte und Zukunft des humoristischen „Wellnesscenters in derWollzeile“.
„Wenn Politiker eitel wären, würden sie sich nicht so oft im Fernsehen zeigen!“Karl Farkas Kabarett-Legende
Der Satz von den eitlen Politikern ist mehr als ein halbes Jahrhundert alt, aber er ist aktueller denn je. Im „Simpl“hat man es immer schon verstanden, zeitloses Kabarett mit zeitgemäßen Bezügen zu produzieren. Nun ist eine Neuauflage des Lachens garantiert, da Michael Niavarani die Leitung des Kellers in der Wollzeile übernommen hat. „Der Simpl bleibt ein Unterhaltungskabarett mit politischen Nummern“, sagt er. Höhepunkt des neuen Programms ist ein Wiederaufleben der Doppelconférence à la Farkas-Waldbrunn (Herr Schöberl und Herr Berger). „Die treten als Herr Schöberl und Herr Berger junior auf. Als der G’scheite und der Blöde the next generation.“
Herr Direktor
Die neue Revuewerde von den Themen her moderner sein als bisher, aber handwerklich altmodischer, verrät Niavarani, der den Simpl seinem bisherigen Besitzer Albert Schmidleitner abgekauft hat. Der Urkomödiant ist jetzt Direktor, Autor und Regisseur des ältesten Kabaretts im deutschen Sprachraum. Es ist kein Neubeginn, sondern eine „Rückkehr zu den Wurzeln“, da „Nia“bereits mit 21 Jahren im Simpl aufgetreten ist und ihn mit 24 geleitet hat. „Schau ma mal, ob der alteMann Niavarani das auch noch zusammenbringt“, meint der 51-jährige Neo-Eigentümer etwas kokett.
Unser Gespräch findet zwischen zwei Proben des neuen Programms „Arche Noah Luxusklasse“statt, dessen erste Vorstellung am 25. September über die Bühne geht. „Dieser Saal hat für mich etwas Magisches“, sagt Niavarani, „wenn man da runterkommt und die Porträts vom Maxi Böhm, vom Moser, vom Grünbaum, vom Hugo Wiener und vom Farkas sieht, die alle hier aufgetreten sind und die Leute zum Lachen gebracht haben. Der Simpl ist eigentlich ein Wellnesscenter in derWollzeile.“
Vorbild Maxi Böhm
Einem Simpl-Protagonisten verdankt es Niavarani, überhaupt am Theater gelandet zu sein. „Mein großes Vorbild war der Maxi Böhm. Ich hab ihn mit 13 Jahren im Fernsehen in dem Stück ,Pension Schöller‘ gesehen. Es hat mich fasziniert, dass da ein Mensch ist, über den andere lachen. Zwei Tage später hab ich ihn in der Mathematikstunde nachgemacht und große Lacher erzielt. In Mathematik bekam ich zwar einen Fünfer, aber die Befriedigung über die Lacher war größer als die Frustration über das Nicht genügend.“
Seichter Anfang
Der Simpl wurde 1912 vom Theaterdirektor Egon Dorn als „Biercabaret Simplicissimus“gegründet, wobei der Bierkonsum anfangs wichtiger war als die auf der Bühne gesprochenen Texte. Denn man gab seichte „Nummernprogramme“mit zweitrangigen Komikern.
Kabaretts schossen damals wie Pilze aus dem Boden und sperrten ebenso schnell wieder zu. Es ist zwei Künstlern zu danken, dass dies dem Simpl erspart blieb: Fritz Grünbaum und Karl Farkas. Während Grünbaum 1914 erstmals im Simpl auftrat, meldete sich Farkas 1922 auf ein Inserat des Wiener Tagblatts, mit dem „Nachwuchskräfte für das Cabaret Simplicissimus“gesucht wurden. Er begann als „Blitzdichter“: Das Publikum rief ihm prominente Namen zu und Farkas dichtete „blitz“. Als ein Zuschauer „Leo Slezak“sagte, reimte Farkas in Sekundenschnelle: „Glaubt mir, dass ich euch keinen Schmäh sag, der beste Sänger ist der Slezak.“
Seine Pointen sprachen sich bald in Wien herum: „Gott hat aus dem Chaos die Welt erschaffen, und wir haben aus der Welt ein Chaos gemacht.“Schließlich entwickelten Farkas und Grünbaum die Doppelconférence wie sie dann nach dem Krieg von Farkas und Ernst Waldbrunn geführtwurde.
Waldbrunn: Ich hab eine Erfindung gemacht.
Farkas: Was hast du erfunden? Waldbrunn: Tabletten, die den Durst löschen.
Farkas: Wer braucht die? Waldbrunn: Nimm an, du bist in der Wüste, du hast Durst, es gibt kein Wasser. Du nimmst eine Tablette – und der Durst istweg.
Farkas: Das istwunderbar! Waldbrunn: Es hat nur einen kleinenNachteil. Die Tabletten müssen in Wasser aufgelöst werden.
Grünbaum überlebte die Nazizeit nicht, er wurde im KZ Dachau ermordet. Farkas gelang die Flucht nach Amerika, er kehrte 1950 in den Simpl zurück, um das „größenwahnsinnig gewordene Nudelbrett“, wie er die kleine Bühne nannte, zu neuer Blüte zu führen. An seiner Seite waren jetzt neben Ernst Waldbrunn und Maxi Böhm auch Heinz Conrads, Fritz Muliar, Ossy Kolmann, Cissy Kraner u. v. a.
Nach Farkas’ Tod im Jahr 1971 spielte das alte Ensemble zwei Jahre weiter, ehe der Simpl an Martin Flossmann überging, der das Kabarett 22 Jahre führte und dann Michael Niavarani die künstlerische Leitung überließ.
Niavarani tritt in der neuen Revue nicht auf, sehr wohl aber an vier Abenden gemeinsam mit Harald Schmidt, „und wer weiß, vielleicht sticht mich der Hafer und ich spiel eines Tages auch wieder in einer Revue mit“– vorerst ist er aber mit der Leitung des Simpl und seines Globe Wien Theaters voll ausgelastet.
Neue Pointen
Dem Autorenteam um Niavarani ist klar, dass die aktuellen Conférencen nach dem 29. September – dem Tag der Nationalratswahlen – umgeschrieben werden müssen. Eine Pointe des Conférenciers Joachim Brandl („der aussieht, als hätten Karl Farkas und Martin Flossmann ein uneheliches Kind miteinander gezeugt“© Michael Niavarani), kann aber bleiben:
„HC Strache weiß nach dem Ibiza-Video nicht, was er beruflich machen soll. Aber nachdem ihm ja aufgefallen ist, dass die Oligarchin schmutzige Fußnägel hat, macht er jetzt ein Nagelstudio auf: ,Fußpflege Strache, vom kleinen bis zum großenHC.‘“