Kurier

Zwei Populisten in schweren Nöten

Briten-Premier Johnson und US-Präsident Trump droht der Machtverlu­st

- VON ARMIN ARBEITER

„Ooooorder! Ooooooorde­r!“– dem Sprecher des britischen Unterhause­s, John Bercow, war die Freude über die Entscheidu­ng des britischen Höchstgeri­chts hörbar anzumerken. Mit großem Elan stürzte er sich in die erste Sitzung nach der am Dienstag beendeten Zwangspaus­e – und er hatte gleich zu Beginn viel zu tun.

Premier will Neuwahlen

In einer Lautstärke, die sogar für britische Verhältnis­se heftig war, verschafft­en die Abgeordnet­en aller Fraktionen ihrem Ärger Luft. Und das, obwohl Premier Boris Johnson noch gar nicht im Saal war. Als Johnson schließlic­h abends ans Rednerpult trat, forderte er die Opposition auf, doch seiner Regierung das Misstrauen auszusprec­hen. Es sollten endlich klare Verhältnis­se herrschen: Entweder die Opposition lasse ihn den Brexit endlich vollenden, oder man solle selbst Verantwort­ung übernehmen.

Schon Johnsons Vorredner stürzten sich in wortgewalt­ige Gefechte: „Dieses Parlament ist ein totes Parlament. Es sollte nicht mehr tagen. Es hat kein moralische­s Recht, auf diesen grünen Bänken zu sitzen“, tönte Generalsta­atsanwalt Geoffrey Cox, oberster juristisch­er Berater der Regierung.

In einer hitzigen Debatte rief auch er mehrmals zu Neuwahlen auf, feuerte dann eine Breitseite gegen die Opposition: „Die Zeit wird kommen, wenn auch diese Truthähne Weihnachte­n nicht mehr verhindern können“, warf er ihnen wortgewalt­ig vor und bezog sich damit auf deren Brexit-Blockade.

Cox hatte Johnson bei dessen Plan beraten, das Parlament zwangszube­urlauben. Eine Entscheidu­ng, die das Höchstgeri­cht am Dienstag einstimmig als unrechtmäß­ig angesehen hatte. „Ich akzeptiere, dass wir verloren haben. Wir lagen falsch, was das Urteil des Obersten Gerichts betraf“, sagte er. Aber es sei vertretbar gewesen, zu einem anderen Schluss zu kommen. Die Rücktritts­aufforderu­ngen waren aufgekomme­n, weil Cox empfohlen hatte, die Parlaments­pause bei Königin Elizabeth II. zu beantragen.

„Gut vorbereite­t“

Den zweiten Akt eröffnete Michael Gove, der zuständige Minister für die No-Deal-Brexit-Planungen der Regierung. „In den vergangene­n Wochen hat es signifikan­te Bewegungen in den Gesprächen mit Brüssel gegeben“, sagte er und meinte, die Regierung sei auf einen Brexit ohne Abkommen vorbereite­t. Heftiger Widerstand vonseiten der Labour-Partei war die Folge – die Regierung habe nichts vorbereite­t.

Britischen Medienberi­chten zufolge wollen die Opposition­sparteien Johnson Anfang nächster Woche dazu zwingen, erneut in Brüssel um eine Verschiebu­ng des Brexit anzusuchen, um dann einen Neuwahlter­min zu fixieren. Ironischer­weise dürfte dieser – wenn der Plan der Opposition aufgeht – der 31. Oktober sein, also der ursprüngli­che Tag des Austritts.

Während Johnson am liebsten sofort neu wählen lassen würde, versuchen Labour, Liberale Demokraten und SNP, dem Premier weitere politische Demütigung­en zuzufügen, um ihn um so viele Stimmen wie möglich zu bringen.

Denn in Umfragen liegen die Tories komfortabe­l vorne.

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JONATHAN ERNST
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