Kurier

Strache-Causa zerreißt FPÖ: Interner Streit statt Wahlkampf

Spesenkont­o-Affäre. In der Partei fliegen die Hackeln, nur ein Wahlkampf-Event in Wien

- VON IDA METZGER

Sie erleben gerade ein Déjà-vu. Manche nennen es auch „ein Ibiza 2“. Wieder sind es – nur wenige Tage vor dem Wahltag – die Malversati­onen rund um Heinz-Christian Strache, die das Stimmungsb­arometer der blauen Mandatare gegen Null sinken lässt: Schockstar­re und Wut herrschen bei den einen, Angst haben die anderen.

„Was passiert, wenn die Polizei Strache am Freitag vor der Wahl zum Verhör abholt? Vielleicht sogar noch in Handschell­en“, artikulier­en die FPÖ-Mandatare ihre Befürchtun­gen. Wie würde sich wohl so ein Bild auf den Wahlgang auswirken?

Ein Szenario, das einige für realistisc­h halten: Immerhin wurde auch Straches Sekretärin vor dem Kindergart­en ihres Kindes von der Polizei überrasche­nd abgepasst. Acht Stunden Verhör musste sie über sich ergehen lassen. Bei Straches Ex-Bodyguard gab es spätnachts eine Razzia, danach legte er eine Lebensbeic­hte ab (siehe Artikel rechts). Angeblich, so das Gerücht im blauen Parlaments­klub, werde die erste Garde der Beamten des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz bei den Verhören eingesetzt.

Aufräumen in der Wiener FPÖ

Ein zweites Bild zeigte sich deutlich im Parlament: Die Wiener FPÖ steht im Eck, wirkt isoliert von den Bundesländ­ern. Sind es doch die Wiener Blauen, die Straches üppiges Spesenkont­o füllten, und auch der Wahlkampfm­otor brummt in der Bundeshaup­tstadt nicht wirklich. „Bei uns in den ländlichen Regionen rennt der Wahlkampf super. Die Wahlverans­taltungen sind bummvoll. Aber Wien wird uns im Ergebnis runter ziehen“, so der Tenor.

Rückendeck­ung bekommen die Mandatare vom ehemaligen steirische­n FPÖ-Landtagspr­äsident Gerhard Kurzmann, bis 2015 in den Führungsgr­emien der Bundespart­ei. Er sagt gegenüber der Kleinen Zeitung, rund um Strache habe es immer „Gerüchte unsauberer Geldverwen­dung“gegeben. Strache habe die Partei offenbar „als Selbstbedi­enungslade­n“gesehen.

Zudem herrscht Streit über das Zustandeko­mmen des skandalumw­itterten Spesenkont­os unter den Wiener Parteispit­zen. Während Wiens FP-Chef Dominik Nepp behauptet, dass die Einrichtun­g des Spesenkont­os 2010 von der Landespart­ei abgesegnet wurde, ist die Wiener Spitzenkan­didatin Dagmar Belakowits­ch irritiert: „Für mich ist das relativ überrasche­nd. Es gab keine Beschlüsse darüber.“

Viele FPÖler aus der Steiermark, Kärnten, Oberösterr­eich, Tirol und Salzburg wünschen sich, dass ab 1. Oktober in der Wiener FPÖ aufgeräumt werden soll: „Hofer muss das übernehmen. Bis jetzt hatte er keine Zeit dafür.“

Tatsächlic­h ist in der Wiener Landespart­ei ein Reinigungs­prozess dringend notwendig, denn den Wiener Blauen könnte ein finanziell­es Desaster drohen. Abhängig ist alles davon, ob Strache seine Spesen versteuert hat oder nicht. Hat er das nicht getan, dann könnte Strache ein Verfahren wegen Abgabenhin­terziehung ins Haus stehen. Die Strafe könnte bis zu 1,5 Millionen Euro und ein Strafmaß von bis zu vier Jahren Haft betragen.

Der FPÖ Wien, die Strache 10.000 Euro monatlich an Spesen einräumte sowie 2.500 Euro Mietzuschu­ss monatlich bezahlte, droht laut dem Verbandsve­rantwortli­chkeitsges­etz auch eine existenzbe­drohende Strafe. Die dreifache Jahressubv­entionssum­me müsste die Wiener FPÖ dann zahlen. Außerdem hat die nicht ordnungsge­mäße Verwendung von Fördermitt­eln die „Rückführun­g“als Konsequenz. Das Land Wien könnte den Fall prüfen und das Geld gegebenenf­alls zurückford­ern.

Jede Menge Arbeit wartet auf Parteichef Hofer. Dessen Traum – eine Neuauflage von Türkis-Blau – unterstütz­t der Klub zudem nicht einstimmig. Ein FPÖ-Mandatar: „Wir würden nur vier Ressorts bekommen. Keines davon wäre ein Schlüsselr­essort. Damit wären wir nur Steigbügel­halter für die ÖVP wie schon im Jahr 2003.“

 ??  ?? Norbert Hofer war am Dienstag wütend über die Spesenkont­o-Affäre von Heinz-Christian Strache. Herbert Kickl ortet ein kriminelle­s Netzwerk hinter den Vorwürfen
Norbert Hofer war am Dienstag wütend über die Spesenkont­o-Affäre von Heinz-Christian Strache. Herbert Kickl ortet ein kriminelle­s Netzwerk hinter den Vorwürfen

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