Jede App sagt etwas anderes
Warum man am Smartphone je nach Programm unterschiedliche Prognosen erhält
Fast jeder kennt wohl das Phänomen, dass die Wetterprognose am Smartphone ein Sonnensymbol und 25 Grad anzeigt, während es draußen regnet. Tatsächlich erhält man teilweise ganz unterschiedliche Vorhersagen, je nachdem, welche Wetter-App man konsultiert. Warum scheinen einige Apps mehr als andere zu wissen? Der KURIER ist dieser Frage nachgegangen.
Tausende Anbieter
Wer auf seinem AndroidSmartphone oder iPhone nach Wetter-Apps sucht, dem werden üblicherweise Tausende Resultate ausgespuckt. Noch dazu gibt es die ab Werk installierten WetterSymbole am Startbildschirm, die dem Nutzer auf einen Blick die tagesaktuelle Temperatur und Witterung am eigenen Standort verraten. Je nachdem, was angezeigt wird, wird die Regenjacke oder die Badehose eingepackt.
„Hinter jeder App steht ein Algorithmus, der Daten unterschiedlich analysiert“, erklärt Martin Templin, Meteorologe beim in Wien ansässigen internationalen Wetterdienst UBIMET. Dazu muss man kurz erklären, wie Prognosen überhaupt zustande kommen. Zunächst wird eine Vielzahl an Daten gesammelt, etwa zu Temperatur, Luftdruck, Niederschlag, Wind, Staub oder Kohlendioxid. Die Informationen werden durch Wetterstationen, Ballons oder Satelliten eingeholt, die meist von staatlichen oder überstaatlichen Organisationen betrieben werden. Mit den Daten werden Supercomputer gefüttert. Sie errechnen die weitere Entwicklung des Wetters anhand unterschiedlicher Modelle.
Geldfrage
„Viele Unternehmen ziehen dabei das amerikanische Modell Global Forecast System (GFS) heran“, mein Templin – auch Google und Apple. Der Vorteil: Es liefert weltweite, kostenlos verfügbare Prognosen. Der Nachteil: Es ist auf US-amerikanische Bedürfnisse zugeschnitten, also weite Landschaften mit weitgehend gleichen Wetterbedingungen. Templin: „Für Europa bietet GFS eine weniger gute Auflösung. Hier liefert etwa das europäische Modell des European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF) genauere Daten.“Diese sind jedoch kostenpflichtig und deshalb für viele App-Anbieter, vor allem rein werbefinanzierte, weniger attraktiv. Größere App-Anbieter ziehen mehrere Berechnungsmodelle heran und verwenden dazu Daten lokaler Wetterdienste (etwa des österreichischen Zentralamts für Meteorologie und Geodynamik, ZAMG) sowie selbst entwickelte Modelle. Während die solcherart berechneten Prognosen manchmal rein maschinell erstellt und publiziert werden, werden sie an anderer Stelle von ausgebildeten Meteorologenteams überprüft und freigegeben – vor allem bei ungewöhnlichen oder extremen Wetterphänomenen. Die Zukunft gehört allerdings der automatischen Wettervorhersage, ist Templin überzeugt: „Bei der Fülle an Daten ist es einfach nicht mehr machbar, dass die von Menschen überarbeitet werden.“
Genauigkeit vs. Vorsicht
Die Prognosen von Apps unterscheiden sich klarerweise umso mehr, je weiter man in die Zukunft blickt. Während sich einige Apps nicht über eine Vorhersage über fünf Tage hinauswagen, liefern andere erwartbare Trends für bis zu zwei Wochen. Die Genauigkeit dieser Berechnungen ist in den vergangenen Jahrzehnten enorm gestiegen. „Die ersten Prognosemodelle gab es in den 60er-Jahren. Damals konnte man nur zwei bis drei Tage im Voraus berechnen“, erzählt Templin. Seitdem seien allerdings immer mehr Umweltfaktoren miteinbezogen worden, die Dichte an Messstationen und vor allem die Rechenleistung von Computern habe zugenommen.
Wie Forscher betonen, ist es dennoch unmöglich, hundertprozentig zutreffende Wetterprognosen zu generieren. Minimale Veränderungen in der Atmosphäre können auf lange Sicht gesehen große Auswirkungen haben. Nicht zuletzt deshalb wird Wetter-Apps gerne nachgesagt, oft eine etwas pessimistische Sicht auf die Zukunft zu pflegen. Schließlich will man niemanden ohne Schirm aus dem Haus schicken, wenn er doch irgendwann im Laufe des Tages im Regen stehen könnte.