Kurier

Thomas Cook: Debakel um Österreich-Tochter

Hoteliers dürften durch die Finger schauen

- VON KID MÖCHEL UND SIMONE HOEPKE

„So wie es ausschaut, wird es einen Antrag auf Schließung des Unternehme­ns geben“, sagt Günther Hödl, Konkursver­walter von Thomas Cook Austria, zum KURIER. „Nach den ersten Informatio­nen und der Sichtung der Unterlagen wird es wahrschein­lich keine oder nur eine sehr geringe Quote für die Gläubiger geben.“Hödl rät deshalb Pauschalre­isenden, ihre Forderung nicht kostenpfli­chtig im Konkursver­fahren, sondern kostenlos beim Abwickler AWP anzumelden. Der AWP-Entschädig­ungstopf sei gefüllt. Laut der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung ist so gut wie jedes dritte Spitzenhot­el in Österreich von der Pleite betroffen – also 350 Beherbergu­ngsbetrieb­e.

Die Mega-Pleite des britischen Tourismusk­onzerns Thomas Cook und diverser Tochterges­ellschafte­n (unter anderem in Deutschlan­d) schlägt nun auch auf Österreich durch. Gestern, Donnerstag, wurde über die Thomas Cook Austria AG ein Konkursver­fahren eröffnet. Das Wiener Tochter-Unternehme­n der insolvente­n deutschen Thomas Cook Touristik beschäftig­t 57 Mitarbeite­r und sitzt laut Creditrefo­rm auf 37,9 Millionen Euro Schulden. Der Österreich-Ableger tritt auch unter der Marke Neckermann-Reisen auf und dürfte liquidiert werden.

„So wie es ausschaut, wird es einen Antrag auf Schließung des Unternehme­ns geben“, sagt Insolvenzv­erwalter Günther Hödl zum KURIER. „Nach den ersten Informatio­nen und der Sichtung der Unterlagen wird es wahrschein­lich am Ende keine oder nur eine sehr geringe Quote für die Gläubiger geben.“

Bei Abwickler AWP anmelden

Zwar hat die Österreich-Tochter auf dem Papier Vermögen in Höhe von zumindest 41,6 Millionen Euro, doch dabei handelt es sich um offene Forderunge­n gegen Konzernges­ellschafte­n. Rund 37 Millionen Euro sollen alleine auf die insolvente deutsche Thomas Cook entfallen. Daher dürfte die Österreich-Tochter bei einer Rückforder­ung weitgehend durch die Finger schauen.

Aufgrund der katastroph­alen Lage rät Masseverwa­lter Hödl Pauschalre­isenden, ihre offenen Forderunge­n nicht im Konkursver­fahren, sondern direkt beim Thomas-CookAbwick­ler AWP (thomascook.at@allianz.com) anzumelden. Denn eine einzelne Forderungs­anmeldung im Insolvenzv­erfahren kostet 22 Euro. Geld werden diese Reise-Kunden trotzdem kaum sehen. Mehr als 10.000 sollen betroffen sein. Indes ist der Entschädig­ungstopf der AWP mit 22 Millionen Euro gefüllt.

Bei ihren Lieferante­n steht Thomas Cook Austria mit 33,57 Millionen Euro in der Kreide, darunter sind viele Beherbergu­ngsbetrieb­e. „Den Hoteliers kann man eh nicht helfen, sie müssen ihre Forderunge­n im Insolvenzv­erfahren anmelden“, sagt Hödl zum KURIER.

Prekäre Situation

Laut den Angaben der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung (ÖHV) ist so gut wie jedes dritte Spitzenhot­el in Österreich von der Insolvenz betroffen. Die Rede ist von 350 Häuser, eines davon ist das Salzburger Wanderhote­l Gassner. „Wir haben Außenständ­e von 12.000 Euro, die wir wohl auch nicht mehr bekommen werden“, sagt Sonja Gasser.

Wer glaubt, dass Hoteliers bereits das Geld vom Reiseveran­stalter am Konto haben, wenn die Gäste im Haus sind, irrt. „Wir bekommen die Rechnungen erst im Nachhinein überwiesen. Die jetzt offenen Rechnungen beziehen sich auf Gäste, die im August und September bei uns waren.“Zum Glück habe sie nur kleine Kontingent­e bei Thomas Cook gehabt, „andere haben Außenständ­e von 100.000 Euro“.

Urlauber, die für die nächsten Wochen oder gar schon für die Wintersais­on über Thomas Cook gebucht haben, würden zum Teil dennoch anreisen. Gassner: „Sie zahlen dann direkt bei uns, den Voucher können wir ja nicht mehr annehmen.“

Bisher haben sich laut Tourismuso­bfrau Petra Nocker-Schwarzenb­acher rund 250 Hoteliers an die Wirtschaft­skammer gewendet. „Wir sind uns sicher, dass da noch einiges daherkomme­n wird“, so die Obfrau gegenüber Ö1. Die Schadenssu­mme pro Hotel schätzt sie auf 10.000 bis 70.000 Euro, in Einzelfäll­en auch bedeutend höher. „Wir müssen verhindern, dass gute Betriebe ins Straucheln kommen, weil ein anderer schlecht gewirtscha­ftet hat“, warnt ÖHV-Präsidenti­n Michaela Reitterer vor weniger Umsatz und damit weniger Mitarbeite­rn in den Hotels. „Da geht es um viele Arbeitsplä­tze.“

Der Masseverwa­lter müsse rasch klarstelle­n, dass die Hoteliers über diese Kontingent­e frei verfügen können, so die Interessen­vertretung.

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Hotel Gassner: Rechnungen von 12.000 Euro von Thomas Cook bleiben wohl offen

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