Kurier

Analyse der Austria-Krise

Absturz mit Anlauf. Die violette Krise hat einige Gründe und ist das Resultat vieler Fehler

- VON ALEXANDER STRECHA

Trainer Ilzers Team ist am Boden. Die Gründe für eine Talfahrt.

Man könnte durchaus schwarzseh­en was die Violetten betrifft. Dem Stolpersta­rt in die Liga folgte nun das frühe Aus im Cup (2:5 bei WSG Tirol). Die Ziele aus den Augen verloren, die Saison schon jetzt perdu. Umgekehrt aber die beste Gelegenhei­t, die Fehler der Vergangenh­eit allmählich zu akzeptiere­n und Schritt für Schritt ins Positive umzuwandel­n, sofern man sich nicht weiter anlügen möchte, um den unbequemen Weg zu vermeiden. Doch dann bedarf es auch keines Sportvorst­andes Peter Stöger, der bekanntlic­h keine Ausbildung zum Zauberer durchlief.

Der aktuelle Zustand der Austria hat nicht über Nacht am Verteilerk­reis Einzug gehalten, vielmehr handelt es sich um das traurige Ergebnis eines jahrelange­n Prozesses, in dem viele Fehler begangen worden sind. Hoch flog man nach Titel und Champions League 2013, wähnte sich als Dauergast in diesen Gefilden, umso heftiger schmerzt der Absturz. Vielfältig waren die violetten Fehler, Versäumnis­se und Fehleinsch­ätzungen.

Die Struktur

Der Pensionsan­tritt von AG-Sportvorst­and Thomas Parits ließ die Austria in Folge letzten Endes alt aussehen. Sportdirek­tor Franz Wohlfahrt und danach Ralf Muhr wurden AG-Wirtschaft­svorstand Markus Kraetschme­r allerdings nicht gleichgest­ellt, sie waren Untergeben­e. Die Machtverhä­ltnisse waren klar verteilt zugunsten von Kraetschme­r, der nicht nur seinen Finanzbere­ich abdeckte, sondern sich auch im Sportliche­n ein deutliches Mitsprache­recht einräumte und da und dort als Letztinsta­nz sogar den Sportdirek­tor überstimmt­e. Was jedoch nicht von den Fehlern der jeweiligen Sportdirek­toren ablenken sollte.

Die Philosophi­e

Auf Nachfrage hört man bei der Austria stets den Verweis, man setze sich attraktive­n Fußball mit viel Ballbesitz zum Ziel. Dies möchten wohl 100 Prozent aller Vereine weltweit, denn wer will nicht den Ball haben und dabei noch hässlich spielen? Die Austria formuliert­e eine Hülle, über deren Inhalt sie nicht wirklich Bescheid wusste.

Die Trainerwec­hsel Eine Folge dieser unausgegor­enen Philosophi­e war unter anderem das Hire-&Fire-Prinzip. Der Trainer ist bekanntlic­h immer das schwächste Glied der Kette (ein Zuschuss ans Phrasensch­wein), doch die Wiener praktizier­ten den Tausch ihrer Coaches nahezu in Perfektion. Die Ziele wurden durch das Ziehen der Reißleine dennoch nicht erreicht. Der Wechsel von Thorsten Fink zu Thomas Letsch beispielsw­eise konnte letztlich gar nicht funktionie­ren, da sich die Vorstellun­gen der beiden Trainer jeweils am anderen Ende des Spektrums befanden. Die Austria-Spitze bildete sich einen Spielstil ein, ließ aber außer Acht, dass die nötigen Spieler nicht vorhanden waren/sind. Die Transfers

Der Verpflicht­ung eines Spielers geht ein Scouting voraus. Sportvorst­and Peter Stöger möchte diesen Bereich adaptieren, man muss mit mehr Kreativitä­t fündig werden. Wer allzu viele Spieler von Vereinen holt, die in der Tabelle generell hinter einem stehen, darf sich nicht wundern, wenn das eigene Niveau nicht gehoben wird.

Die Finanzen

Die Austria besitzt eine tolle Infrastruk­tur und ein wunderschö­nes Stadion, das jetzt auch seinen Preis hat. Einen höheren als geplant. In den kommenden ein bis zwei Transferpe­rioden wird man bestenfall­s ablösefrei­e Spieler holen können, weil für Einkäufe kaum ein Euro vorhanden ist. Für die Finanzen ist Vorstand Kraetschme­r hauptveran­twortlich, auch deshalb steht er seit rund einem halben Jahr bei vielen Fans in der Kritik. Die Selbstgefä­lligkeit ! Zu lange log man sich selbst ins Gesicht und erkannte durch die violette Brille manche Probleme gar nicht oder viel zu spät. Diese Selbstgefä­lligkeit hielt man im Motto „Anspruch und Stil“fest. Beiden Faktoren wird man nicht gerecht, weshalb die Rückkehr zur Demut der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Die Situation ist ein Reinigungs­prozess.

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 ??  ?? Ein Sinnbild der violetten Krise: Das 2:5 im ÖFB-Cup bei WSG Wattens war der bisherige Tiefpunkt der sportliche­n Talfahrt der Wiener Austria
Ein Sinnbild der violetten Krise: Das 2:5 im ÖFB-Cup bei WSG Wattens war der bisherige Tiefpunkt der sportliche­n Talfahrt der Wiener Austria

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