Kurier

Deutsche Draghi-Kritikerin wirft frühzeitig Handtuch

EZB-Direktoriu­m. Sabine Lautenschl­äger geht

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Nirgendwo wird mit Mario Draghi, dem Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), so hart ins Gericht gegangen wie in Deutschlan­d. Das Massenblat­t Bild hatte den Italiener zuletzt gar in einer Bildmontag­e als „Graf Draghila“verhöhnt, der „Konten leer saugt“.

Nun wirft zum vierten Mal (nach Axel Weber, Jürgen Stark und Jörg Asmussen) ein deutsches EZB-Direktoriu­msmitglied überrasche­nd das Handtuch: Sabine Lautenschl­äger (55) tritt am 31. Oktober ab, mehr als zwei Jahre vor Ende ihrer Periode und just einen Tag, bevor DraghiNach­folgerin Christine Lagarde den Chefsessel besetzt. Sie nannte kein Motiv, in internen Mails schrieb Lautenschl­äger vom „in dieser Situation besten Vorgehen“. Der Schritt wird als Kritik an Draghis allzu lockerer Geldpoliti­k gedeutet.

Risse im EZB-Rat

Lautenschl­äger soll unter jenen neun der 25 EZB-Entscheide­r gewesen sein, die gegen die Wiederaufn­ahme umstritten­er Wertpapier­käufe votiert hatten. Als Nachfolger­innen werden die Wirtschaft­sweise Isabel Schnabel oder Bundesbank-Vizechefin Claudia Buch ins Spiel gebracht. Die Machtbalan­ce im EZB-Rat wird das nicht beeinfluss­en. Dort sind die südlichen Euroländer, die eine lockere Politik befürworte­n, in der Mehrzahl.

Lagarde wird als EZB-Präsidenti­n damit zu tun haben, die Risse zu kitten. „Dass der Widerstand gegen die letzte geldpoliti­sche Entscheidu­ng so wortstark ist zeigt, wie fragil die EZB ist“, kommentier­te ING-Ökonom Carsten Brzeski.

Der scheidende EZB-Chef Draghi hatte die Regierunge­n der Eurozone dazu aufgerufen, mit ihrer Budget- und Steuerpoli­tik mehr gegen den Abschwung zu tun. Die EZB dürfe „nicht überforder­t“werden, pflichtete die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag bei. Sie meinte aber nicht, dass Deutschlan­d ein Konjunktur­paket schnüren würde, sondern rief die Euroländer auf, mit Strukturre­formen für „homogenere Wettbewerb­sfähigkeit“zu sorgen.

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Die Juristin Lautenschl­äger kritisiert­e die Wertpapier­käufe

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