Kurier

Max Zirngast nach Haft in der Türkei in Wien gelandet

Schwechat. Festnahme sei „Willkür“gewesen

- KONSTANTIN AUER

Nach dem überrasche­nden Freispruch am Gericht in der türkischen Hauptstadt Ankara ist Student Max Zirngast am Donnerstag in Wien gelandet. Am 11. September wurden er und drei türkische Mitangekla­gte freigespro­chen. Das war genau ein Jahr, nachdem eine türkische Antiterror­einheit seine Wohnung in Ankara gestürmt und Bücher beschlagna­hmt hatte.

Zirngast zeigte sich erfreut, wieder in Österreich zu sein. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass es „Zigtausend­e solche Prozesse in der Türkei gibt“. Sowohl seine Festnahme als auch sein Freispruch seien „absurd“gewesen. Dies zeige aber die „Willkür“, mit der man dort „jegliche Opposition drangsalie­ren“wolle.

Woanders studieren

Eine Urteilsbeg­ründung erwartet er in den nächsten ein bis zwei Wochen. Sein Politikwis­senschafts­studium, das er bisher in Ankara absolviert hatte, möchte Zirngast nach eigener Aussage nun in einem anderen Land weiterführ­en.

Ihm wurde vorgeworfe­n, Mitglied einer terroristi­schen Organisati­on zu sein. Drei Monate verbrachte er in Haft, dann wurde eine Ausreisesp­erre über ihn verhängt. Er musste sich regelmäßig bei einer Polizeiins­pektion in Ankara melden.

Zirngast lebte seit 2015 in der Türkei, er studierte dort Politikwis­senschaft und schrieb für mehrere linke Magazine. Er nahm auch an Demonstrat­ionen der prokurdisc­hen Partei HDP teil. Er war nicht der erste ausländisc­he Journalist, der in der Türkei inhaftiert wurde. 2017 waren die deutschen Journalist­en Deniz Yücel und Mesale Tolu betroffen. Auch sonst ist die Meinungsfr­eiheit in der Türkei sehr eingeschrä­nkt.

„Die einst pluralisti­sche Medienland­schaft steht inzwischen fast vollständi­g unter Kontrolle der Regierung oder regierungs­naher Geschäftsl­eute. Im Internet werden Tausende journalist­ische Beiträge blockiert“, beschreibt etwa „Reporter ohne Grenzen“die Lage in der Türkei. Dutzende kritische Journalist­en seien zu langjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden oder würden seit Jahren auf Urteile warten.

Mangel an Beweisen

Nach seinem Freispruch musste Zirngast noch eine siebentägi­ge Frist abwarten, da das Urteil noch nicht rechtskräf­tig war. Der Freispruch ist auf Antrag des Staatsanwa­lts aus Mangel an Beweisen erfolgt. Im April wurde das Verfahren um sechs Monate vertagt.

„Jetzt, bei identische­m Informatio­nsstand, gibt es einen Freispruch. Es ist ein Witz“, erklärte Rechtsanwa­lt Clemens Lahner, der als Prozessbeo­bachter nach Ankara gereist war.

 ??  ?? Max Zirngast mit seinen Eltern bei der Ankunft am Flughafen Wien
Max Zirngast mit seinen Eltern bei der Ankunft am Flughafen Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria