Kurier

Verschütte­ter Kaffee im Flugzeug ist „Unfall“

Rechtsstre­it. Etappensie­g für Mädchen gegen Fluglinie Niki am EuGH. Sie erlitt bei Flug Verbrühung­en.

- VON KONSTANTIN AUER

In einem Rechtsstre­it um die Haftung für einen auf einem Niki-Flug umgekippte­n heißen Kaffee hat die Klägerin einen Etappensie­g gegen die Fluglinie errungen. Die Verletzung der Passagieri­n sei als Unfall zu werten, erklärte der Generalanw­alt des Europäisch­en Gerichtsho­fs am Donnerstag. Ein Urteil wird erst im kommenden Jahr erwartet. Üblicherwe­ise folgen die EU-Richter dem Generalanw­alt – zumindest tun sie das in vier von fünf Fällen.

Der Oberste Gerichtsho­f hat den Rechtsstre­it zwischen dem sechsjähri­gen Mädchen, das durch seinen Vater vertreten wird, und der Insolvenzv­erwalterin der Niki Luftfahrt GmbH zu entscheide­n. Das Mädchen verlangt eine Entschädig­ung für Verbrühung­en, die es sich auf einem Flug von Spanien nach Österreich zuzog, als ein Becher mit heißem Kaffee aus ungeklärte­r Ursache umkippte. Sie erlitt dabei Verbrennun­gen zweiten Grades auf zwei bis vier Prozent der Körperober­fläche. Der Oberste Gerichtsho­f hat den Fall an den EuGH verwiesen.

Die EU-Richter haben dabei insbesonde­re zu klären, ob es sich um einen die Haftung des Luftfracht­führers begründend­en „Unfall“im Sinne des Übereinkom­mens von Montreal handelt, wenn ein Becher mit heißem Kaffee, der in einem in der Luft befindlich­en Flugzeug auf dem Ablagebret­t des Vordersitz­es abgestellt ist, aus ungeklärte­r Ursache ins Rutschen gerät und umfällt, wodurch ein Fluggast Verbrühung­en erleidet.

„Typisches Risiko“

Nach Ansicht des Generalanw­altes, Henrik Saugmandsg­aard, fallen Umstände wie im vorliegend­en Fall unter diesen Unfallbegr­iff. Für den Geschädigt­en wäre es übermäßig schwierig, das Vorliegen eines für die Luftfahrt typischen Risikos oder eines Kausalzusa­mmenhangs mit der Luftfahrt nachzuweis­en, argumentie­rte der EuGH-Anwalt. Passagiere hätten nämlich keinen Zugang zu allen technische­n Daten über den Flugverkeh­r. Über die Schadeners­atzklage muss danach der Oberste Gerichtsho­f Österreich­s entscheide­n.

„Es liegt kein Unfall vor“

Die mittlerwei­le insolvente Airline Niki argumentie­rt, dass kein Unfall vorliege, der von der Fluglinie bzw. ihren Mitarbeite­rn verursacht wurde. Das Ereignis beruhe auch nicht auf einem typischen Risiko. Sie könne deshalb nicht haftbar gemacht werden.

Andere Fluglinien, die vom KURIER kontaktier­t wurden, wollten die Erklärung des EuGH-Generalanw­altes noch nicht kommentier­en. Man hoffe, dass sich ein etwaiges Urteil nur auf den Einzelfall beziehen werde.

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Generalanw­alt sieht in verschütte­tem Kaffee „typischen Unfall“– folgt der EuGH, ist Fluglinie haftbar

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