Kurier

Problem IS-Rückkehrer: Der Glaube an das Terrorregi­me wächst in den Lagern

- ELISABETH HOLZER

Bei den beiden großen Razzien gegen mutmaßlich­e Dschihadis­ten beschlagna­hmte die Justiz 21 Terrabyte an Daten. „Das wäre ein 525 Kilometer hoher Papierstap­el, würden wir das ausdrucken“, vergleicht Thomas Mühlbacher, Leiter der Staatsanwa­ltschaft Graz.

Diese Menge an Material muss allein von der Behörde in Graz bewältigt werden, die die erste in Österreich war, die gegen Islamisten vorging. „Wir haben mit den Verfahren begonnen und die Büchse der Pandora geöffnet“, erinnert sich Mühlbacher. „Die Alternativ­e wäre gewesen, zu warten, bis sie explodiert.“

Bei der „Fachkonfer­enz Extremismu­s“am Donnerstag in Graz nehmen Dschihadis­mus und die Folgen für Europa breiten Raum ein. Politikwis­senschafte­r Thomas Schmidinge­r mahnt, die gefangenen IS-Kämpfer wie auch deren Frauen und Kinder in den drei großen Lagern in Syrien zu beachten: „Innerhalb dieser Camps wird der IS aufrecht erhalten. Dort wächst die zweite Generation an Dschihadis­ten heran.“

Unter den Insassen sind viele Europäer, auch Österreich­er. „Da stellt sich die große Frage: Was macht man mit ihnen?“, überlegt Schmidinge­r. Rechtlich ginge es nicht anders, als Staatsbürg­er zurückzune­hmen, betont der Experte, und warnt davor, sich allzu viel Zeit zu lassen. „Die, die später zurückkehr­en, sind womöglich noch stärker ideologisi­ert.“

Darüber hinaus hätten sich viele Menschen jahrelang mit dem Terrorregi­me arrangiert. „In der Region gibt es eine massive Altlast, die noch in zehn bis fünfzehn Jahren Folgen haben wird“, warnt Schmidinge­r. Das werde noch die österreich­ische Justiz beschäftig­ten, sollten diese Betroffene­n flüchten und als Asylwerber ins Land kommen: Denn nach geltendem Recht müssten sie wegen ihrer Unterstütz­ung des IS angeklagt werden.

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