Neuer Wirbel um Bericht zu vier Toten
Absturz eines Polizeihubschraubers. BMI-Piloten erhalten nun Nebenjobs ausgerechnet bei der Untersuchungsstelle
Der Bericht des Verkehrsministeriums über den Absturz eines Polizeihubschraubers in den Tiroler Achensee (mit vier Toten) dürfte enorme Folgen haben. Darauf deutet auch hin, dass die Veröffentlichung seit Ende März mehrfach verschoben worden ist.
Zum bereits fünften Mal verstrich ein – diesmal nach einer Krisensitzung genannter – Termin für die geplante Veröffentlichung, jetzt wird Ende November genannt. Ob dieses Datum tatsächlich zu halten ist, bleibt offen. Vieles deutet derzeit daraufhin, dass es weitere Verzögerungen geben wird, plötzlich müssen sogar mehr als 80 weitere Flüge untersucht werden, obwohl diese gar nicht in dem Untersuchungsbericht veröffentlicht werden sollen. Intern sollen die Nerven blank liegen, wird erzählt.
Im Tiroler See zerschellt
Dabei liegt der Vorfall bereits achteinhalb Jahre zurück. 2011 stürzte ein Polizei-Hubschrauber in den Achensee, vier Insassen starben. Zeugenaussagen, Protokolle und vom KURIER enthüllte Geheimdokumente weisen daraufhin, dass die Ursache tödlicher Leichtsinn gewesen sein dürfte. Der Pilot flog wilde Stunt-Manöver und schlug mit enormer Geschwindigkeit ungebremst auf der Wasseroberfläche auf.
Dies wurde zunächst auch in einem Untersuchungsbericht des Verkehrsministeriums festgehalten. Doch kurz danach wurde ein Gesetz geändert, damit dieser Bericht nicht veröffentlicht wird. Somit blieb auch ein weiterer Absturz (mit einem Toten) ungeklärt: 2009 war ein Polizei-Helikopter nach einem Lokalbesuch (Dienstbesprechung) der Mannschaft in Deutschlandsberg in den Ort gestürzt.
2017 – nachdem der KURIER interne Dokumente veröffentlicht hatte – präsentierte das BMI einen eigenen Untersuchungsbericht von Flugpolizei-Chef Werner Senn. Die Ursache für den Absturz waren nun Vogelschlag oder eine Blendung des Piloten („Flicker Vertigo“). Das Problem dabei: Beide Ursachen wurden von Experten, Zeugen und in Geheimdokumenten ausgeschlossen.
Rechnungshof urgierte
Der Rechnungshof forderte daraufhin eine neue Überprüfung durch das Verkehrsministerium ein. Dessen Chefin ist nun ausgerechnet eine ehemalige Polizistin. Schon im Frühjahr meinten Insider in beiden Ministerien, dass nun mit keinem Bericht mehr gerechnet werden sollte. (Dass es dabei irgendeine Befangenheit gibt, wird vom Verkehrsministerium jedenfalls heftigst in Abrede gestellt.) Außerdem hat die Untersuchungsstelle für Flugunfälle derzeit auch keinen einzigen Mitarbeiter mit einem Helikopter-Pilotenschein. Diese werden jetzt bei der Flugpolizei rekrutiert.
Laut KURIER-Informationen sollen nun ausgerechnet zwei der drei Fluglehrer der Flugpolizei hier auf Werkvertragsbasis bei der Aufarbeitung von Berichten (nicht aber jenem von Achensee) aushelfen. Der eine ist kein Sachverständiger, der andere hat 2011 ausgerechnet das Polizeiprotokoll zur Causa Achensee verfasst. In einem Fall gibt es dazu bereits eine Genehmigung, wie beide Ressorts auf Anfrage bestätigen – diese wurde eine Woche vor der Krisensitzung von Verkehrsund Innenministerium zu Achensee Anfang September erteilt. Alles nur ein Zufall?
Weiterer Aufschub
Nach dieser Krisensitzung hieß es jedenfalls, dass der Achensee-Bericht in zwei Wochen veröffentlicht wird. Zuvor müsse es nur auf Wunsch des Innenressorts eine weitere Datenerhebung geben. Wie sich mittlerweile herausstellte, handelt es sich dabei um die Untersuchung von mehr als 80 weiteren Flügen des Hubschraubers vor dem Absturz. Diese Untersuchung darf aber laut Unfalluntersuchungsgesetz von 2005 in dem Bericht gar nicht veröffentlicht werden.
Nun gibt es eine neue Verschiebung und eine neue Begründung: Es soll ein Gutachten „zu hypothetischen Flugunfallursachen“erstellt werden. Untersucht wird etwa ein epileptischer Anfall des Piloten. Dies wurde bereits in anderen Gutachten als Ursache ausgeschlossen.