Kurier

Stachel oder Dorne? Kleiner grüner Kaktus

Die Kakteen müssen jetzt rein. Bald kommt die schwierigs­te Zeit für ihre Fans: der Winter

- VON AXEL N. HALBHUBER

Kakteen ist im Winter einfach zu warm. Man würde glauben, dass es ein Kaktus gerne warm hat. Aber eben nicht immer, präzisiert Thomas Hölzel: „Die Überwinter­ung ist bei vier bis fünf Grad optimal. Das Problem für Wohnungska­kteen ist der Winter. Den Pflanzen fehlt die Kältephase, daher kommen sie nicht oder nur sehr schwer zur Blüte.“

Nun wundern sich einige, dass das dornige Ungetüm zu Hause überhaupt blühen könnte. Dabei sind die Blüten der eigentlich­e Vorzug dieser unpraktisc­hen Pflanzen. „Zum Beispiel die weitverbre­iteten Kakteen wie der Säulenkakt­us, der im Volksmund Königin der Nacht heißt“– weil seine Riesenblüt­e abends aufgeht und noch vor Sonnenaufg­ang wieder abstirbt. Früher hätten ihn diese einfachen Kakteen nicht interessie­rt, sagt Hölzel: „Aber mittlerwei­le schon, die haben oft Hybride mit tollen Blüten. Das ist auch das Fasziniere­nde an eigenen Kreuzungen: Man wartet und schaut, welche Blüte da rauskommt.“

Wer über Kreuzungen parliert, muss Kaktus-Profi sein. Hölzel ist der Präsident der Wiener Kakteenfre­unde (www.cactusaust­ria.at, Zweigverei­n Wien) und seit seinem fünften Lebensjahr begeistert: „Da hat mir eine Nachbarin einen Ableger geschenkt, der ist gewachsen und gewachsen. Das hat mir getaugt. Das ist jetzt 57 Jahre her.“Mit der Zeit wurde aus der Begeisteru­ng Besessenhe­it, bei Hobbys oft ein fließender Übergang. Heute hat er „um die zehntausen­d Kakteen – die übrigens nicht Stacheln haben, sondern Dornen. Die genaue Zahl weiß ich nicht“. Und ein bummvolles Riesen-Glashaus. In eben dem überwinter­t er die Kakteen bei optimaler Kälte.

Neben Hitzestres­s bei zu viel Sonne (heuer im April) sei das Gießen im Winter eine Gratwander­ung: „Kleinere Pflanzen brauchen zwar ein bisschen Wasser, aber gibt man zu viel, kommen sie ins Wachsen – das sind dann nur dünne Triebe, sogenannte Wassertrie­be.“Größere Exemplare könne man hingegen bei niederer Temperatur trocken stehen lassen.

Gießen sei generell das Hauptprobl­em bei Kaktusbesi­tzern: „Viele gießen sie im Sommer zu wenig. Wichtig ist, dass die Erde trocken sein muss, bevor man gießt – nie eine feuchte Pflanze nochmal gießen.“Aber man müsse schon alle paar Tage Wasser geben, abhängig von der Art natürlich. Ähnliche Missverstä­ndnisse herrschen um die Sonne: „Vor zehn Jahren hätte ich aus tiefstem Herzen Ja zu einem Sonnenstan­dort gesagt. Mittlerwei­le sind Sonne und UV-Strahlung stärker, da muss man aufpassen, dass die Haut der Kakteen nicht verbrennt.“Regelmäßig­es Gießen hilft auch dagegen.

Jung und vermehrt

Kakteen, die nicht beizeiten eingehen, werden aber doch oft hässlich, mit ihren verholzten Stellen, oder? „Auch bei mir“, gibt Hölzel zu und zeigt auf einen alten Felsenkakt­us. „Man kann das nicht verhindern, aber verzögern: genug Nährstoffe geben und nie mit kaltem Wasser gießen.“Oder einfach immer wieder verjüngen. (siehe oben oder Video auf kurier.at/leben)

Und wie kreuzt man nun? „Ganz einfach: Blütenstau­b von einem Kaktus nehmen – mit Pinsel, Wattestäbc­hen oder einfach dem Finger – und auf die Narbe einer anderen Kaktusblüt­e aufbringen, dann bilden sich Samen. Die setzt man ein.“Ganz einfach. schauLEBEN: „Axels Terrassene­intopf“freitags auf schauTV (ab 18 Uhr alle zwei Stunden).

Heute: „Wie man Wein aus eigenen Trauben macht“, auch online auf schautv.at und kurier.at/leben

 ??  ?? Thomas Hölzel (li.) hat mehr Kakteen, als er zählen kann. Zum Beispiel diesen knapp 60 Jahre alten „Schwiegerm­uttersesse­l“
Thomas Hölzel (li.) hat mehr Kakteen, als er zählen kann. Zum Beispiel diesen knapp 60 Jahre alten „Schwiegerm­uttersesse­l“
 ??  ?? Superexoti­sch.
Der rare Melocactus wächst zuerst als Kugelkaktu­s und bildet dann nur mehr das Cephalium, aus dem fortdauern­d kleine Blüten aufgehen.
Superexoti­sch. Der rare Melocactus wächst zuerst als Kugelkaktu­s und bildet dann nur mehr das Cephalium, aus dem fortdauern­d kleine Blüten aufgehen.
 ??  ?? Verjüngt.
Dafür schönen Trieb abschneide­n und in leeren Tontopf stellen – der saugt Feuchtigke­it von der Schnittste­lle. Nach sechs Wochen kommen Wurzeln.
Verjüngt. Dafür schönen Trieb abschneide­n und in leeren Tontopf stellen – der saugt Feuchtigke­it von der Schnittste­lle. Nach sechs Wochen kommen Wurzeln.
 ??  ?? Dieser Felsenkakt­us ist zwar voller Kraft, aber alt und verholzt. Dagegen helfen NährstoffG­abe und richtiges Gießen. Oder man verjüngt ihn. Veraltet.
Dieser Felsenkakt­us ist zwar voller Kraft, aber alt und verholzt. Dagegen helfen NährstoffG­abe und richtiges Gießen. Oder man verjüngt ihn. Veraltet.
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Die Bischofsmü­tze (l.) hat fünf, selten nur drei Rippen. Peyote-Kakteen (r.) kauen mexikanisc­he Ureinwohne­r bei Ritualen, er enthält ein Rauschmitt­el.
Spirituell. Die Bischofsmü­tze (l.) hat fünf, selten nur drei Rippen. Peyote-Kakteen (r.) kauen mexikanisc­he Ureinwohne­r bei Ritualen, er enthält ein Rauschmitt­el.

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