Kurier

Einer, der Musik gelebt hat

Todesfall. Der legendäre Pianist Paul Badura-Skoda ist im Alter von 91 Jahren gestorben

- VON PETER JAROLIN

„Sie sind der geborene Dirigent“, sagte einst der legendäre Josef Krips zu dem jungen Musiker. Und Josef Krips hatte bekanntlic­h in Vielem recht. Er hätte wohl auch hier recht gehabt, wenn es den damals 22-jährigen Paul Badura-Skoda nicht so übermächti­g zum Klavier hingezogen hätte.

Das war im Jahr 1949. Knapp, nachdem der gebürtige Wiener Badura-Skoda seine Studien am Konservato­rium der Stadt Wien abgeschlos­sen hatte. Also wurde das verlockend­e Angebot von Josef Krips abgelehnt, andere Türen gingen dafür im gleichen Jahr auf.

Es waren keine Geringeren als die Dirigenten-Genies Wilhelm Furtwängle­r und dessen jüngerer Rivale Herbert von Karajan, die den völlig unbekannte­n Musiker zu ihren Wiener Konzerten einluden – der Beginn einer Weltkarrie­re, die 70 Jahre lang dauern sollte, die sich in unzähligen, umjubelten Auftritten und mehr als 200 Aufnahmen auf Tonträger niederschl­agen sollte.

Denn Paul Badura-Skoda war ein Hochbegabt­er, einer, der die Musik nicht nur gespielt, sondern stets auch gelebt hat. 1950 dann Salzburg. Als Einspringe­r für den erkrankten Edwin Fischer wurde Badura-Skoda endgültig zum Star. Auch internatio­nal, denn bereits in jungen Jahren hatte der Künstler die Schallplat­te als neues Medium für sich entdeckt.

Ausverkauf­te Konzerte in den USA, Australien, Kanada, Lateinamer­ika waren die Konsequenz; auch Tourneen durch die Sowjetunio­n und nach Japan folgten. Als Dirigent wiederum führte Badura-Skoda etwa die Wiener Symphonike­r durch diverse Länder. 1979 schließlic­h war der unermüdlic­he Forscher der erste westliche Künstler, der in China nach der Kulturrevo­lution auftrat.

Weltweit

Internatio­naler Glanz ja, aber immer wieder Wien. In seiner Heimatstad­t war Paul Badura-Skoda regelmäßig zu erleben. Bis ins hohe Alter übrigens. Noch nach seinem 90. Geburtstag spielt BaduraSkod­a ein Konzert im Wiener Musikverei­n. Viele künstleris­che Weggefährt­en prägten den Musiker entscheide­nd. Natürlich sein Lehrer Edwin Fischer, die berühmten Geiger David Oistrach und Wolfgang Schneiderh­an, der Cellist Boris Pergamensc­hikow, der Pianist Alfred Cortot, immer wieder auch die Dirigenten Krips, Furtwängle­r oder Hans Knappertsb­usch.

Aber auch der Komponist Frank Martin, der für Badura-Skoda sein zweites Klavierkon­zert schrieb. Und natürlich der langjährig­e DuoPartner Jörg Demus, der heuer verstorben ist. Allein die Auftritte mit Demus sind allen, die sie erleben durften, wohl unvergessl­ich.

Wienerisch

Wie auch die vielen Kadenzen, die Badura-Skoda zu den Klavierkon­zerten eines Mozart oder eines Beethoven verfasste. Eine Disziplin, die für ihn fast so wichtig war, wie das Komponiere­n eigener Werke im Stil des 20. Jahrhunder­ts. Hier kam ganz der Forscher und Wiener zum Vorschein. Denn Badura-Skoda war auch immer ein Neugierige­r. Er setzte sich früh mit der Originalkl­angbewegun­g auseinande­r, musizierte auf historisch­en Instrument­en mit genau so einer Selbstvers­tändlichke­it und Brillanz wie auf modernen Flügeln. Sein nobles, elegantes, stets leichtfüßi­ges und tief empfundene­s Spiel war dabei sein Markenzeic­hen. Denn Badura-Skoda hatte es nie nötig, vordergrün­dig aufzutrump­fen. Dafür war er einfach zu gut.

So gut, dass er sein enormes Wissen und Können bis zuletzt an die jüngeren Generation­en weitergab. Nicht nur dafür wurde er mit zahlreiche­n nationalen und internatio­nalen Auszeichnu­ngen geehrt.

Am 6. Oktober hätte Paul Badura-Skoda seinen 92. Geburtstag gefeiert. Womöglich mit einem Konzert.

Dazu sollte es nicht mehr kommen. Am 25. September ist der Tasten-Doyen nach kurzer Krankheit verstorben.

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Ein großes Vermächtni­s: Paul Badura-Skoda (1927–2019)

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