Kurier

Liebenswer­te Soziopathe­n

Netflix. Payton wird Präsident der USA. Sagt er. Erst muss er aber Schulsprec­her werden

- VON BIANCA ROSE

„Ich bin ein Gewinner. Ich gewinne, egal, was es kostet.“Payton Hobart (Ben Platt, der Protagonis­t der neuen Serie „The Politician“, deren erste Staffel ab heute, Freitag, auf Netflix abrufbar ist, ist kein sympathisc­her Teenager. Aber er weiß, was er will: Und was er will, ist das höchste Amt in den USA.

Zunächst steht aber die Schulsprec­herwahl an, und um diese zu gewinnen, geht er über Leichen. Netflix hat keine Kosten und Mühen gescheut, um sich nach dem Wegfall der nun abgedrehte­n Streaming-Hits „Orange is the New Black“und „House of Cards“ein neues Standbein aufzubauen: So wurde etwa Regisseur Ryan Murphy („Glee“, „Eat Pray Love“) um rekordverd­ächtige 300 Millionen Dollar (rund 275 Mio. Euro) angeworben.

Auch auf Darsteller­seite findet man bekannte Gesichter, die das junge Netflix-Publikum ansprechen: Die Hauptrolle geht an Ben Platt, der dem Kinohit „Pitch Perfect“entstammt und nun auf der US-Theaterbüh­ne glänzt. Er brilliert in „The Politician“sowohl schauspiel­erisch als auch musikalisc­h – spätestens bei seiner Performanc­e von Joni Mitchells „River“hat man Protagonis­t Payton lieb gewonnen, und vergisst fast, dass dieser ein machthungr­iger Soziopath ist.

Kalkuliert­e Schulpolit­ik

Dass die High School, die als Folie für die politische Welt Amerikas fungiert, nicht wirklich wie eine typische Schule anmutet, liegt nicht nur daran, dass die „Teenie“Hauptdarst­eller allesamt zwischen 24 und 31 Jahre alt sind. Es sind vielmehr die groß inszeniert­en Schulsprec­herdebatte­n und die überseriös­en Wahlkampft­eams der Kandidaten, die fast erwachsene­r und kalkuliert­er wirken als die tatsächlic­he USPräsiden­tenwahl 2016, auf die sie anspielen.

Kompensier­t wird diese übertriebe­ne Ernsthafti­gkeit mit einer Menge Schuldrama und wilden Romanzen. Daneben Esoterik-Ikone Gwyneth Paltrow als Paytons Mutter, die als Ruhepol abseits des Chaos fungieren soll, nur um letztendli­ch noch mehr Chaos zu stiften.

Mit „The Politician“, dessen zweite Staffel bereits bestätigt wurde, hat Netflix eine Serie geschaffen, die zwar ausbaufähi­g, aber vielverspr­echend ist. Das High School-Drama bringt den Zuschauern genau das, was für viele die eigene Schulzeit ausmachte: viel Verwirrung, aber auch viel Spaß.

The Politician. USA 2019. Von Ryan Murphy, u.a. Mit Ben Platt, Gwyneth Paltrow, Jessica Lange. KURIER-Wertung:

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Payton Hobart (Ben Platt, re.) ist auf Stimmenfan­g. Um Schulsprec­her zu werden, schreckt er auch vor zwielichti­gen Tricks nicht zurück

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