Zahnarzt mit Dampflok
Berufskombination. Aus Studentenjob wurde Wochenend-Leidenschaft bei der Liliputbahn
Von Montag bis Freitag ordiniert Mathias Lidauer in seiner Praxis in Niederösterreich, am Wochenende steuert er Dampfloks auf der Liliputbahn im Wiener Prater.
An Werktagen arbeitet er fein, exakt und vor allem sauber – als Zahnarzt in Theresienfeld (Niederösterreich). Am Wochenende schaufelt er Kohlen, um die kleine Dampflok der Liliputbahn im Wiener Prater auf Touren zu bringen. KURIER und schauTV wollten die klinische Seite sehen und von Dr. Mathias Lidauer wissen, wie es zu dieser ungewöhnlichen Berufskombination gekommen ist. „Es war schon als kleines Kind die Liebe zur Eisenbahn da, andererseits hab ich aber schon damals gerne fein gearbeitet, gebastelt.“
Die Liebe zur Bahn „erbte“er über beide Großväter. Der eine war Lokomotivführer bei den Grubenbahnen der Wolsegg-Traunthaler Kohlenwerks AG , der andere war Eisenbahn-Fan. Der Beruf als Lokführer hätte ihn schon auch interessiert, meint er. „Aber für mich ist das Interessante bei der Eisenbahn eher die nostalgische Bahn, die alte, die Dampflok-Technik und das kann man eben schon lange nicht mehr täglich im Betrieb erleben.“
Der Weg vom Bahnfan zum dann doch Lokführer führte über einen Studentenjob. Die Liliputbahn suchte einen „Chauffeur“, der Student einen Nebenerwerb. „Da hab ich ein Jahr lang mitgearbeitet und die Ausbildung gemacht, den Kesselwärterkurs beim TÜV (Technischer ÜberwachungsVerein) und so bin ich zur Dampflok gekommen.“
Die von Kindesbeinen an „eingepflanzte“Liebe zur alten Bahn blieb. Deshalb lenkt er an den Wochenenden noch immer die Liliputbahn. „Ich bin dort hängen geblieben, weil’s einfach ein schöner Zeitausgleich ist. Ich arbeite in der Zahnarztordination modern, sauber, hygienisch und so weiter, alles sehr genau und präzise. Bei der Liliputbahn reist man halt 90 Jahre zurück in die Vergangenheit. Man kann mit sehr alter Technik arbeiten, es ist alles schmutzig. Es ist gröbere Arbeit, körperlich anstrengend. Es ist ein schöner Ausgleich, ein Kontrast zu dem was ich sonst mache.“
Der Weg zur Zahnmedizin, um auf seinen Hauptjob zurückzukommen, scheint sich aufs erste nicht ganz so aufzudrängen. Feines Arbeiten und Basteln und Gebiss bearbeiten – wie geht das zusammen?
„Auch als Zahnarzt muss man sehr fein, sehr genau, extrem präzise arbeiten. Es ist mehr oder minder Basteln auf höherem Niveau. Darüber hinaus wollte ich etwas mit Menschen machen, etwas, wo ich Menschen helfen kann. Mehr auf www.kiku.at cops are bastards, Anm.) an die Wand sprühte. Allerdings nicht an irgendwelche Mauern, sondern an das Gemäuer des Pflegezentrums im Otto-WagnerSpital (OWS) in Wien-Penzing. Obwohl das Pflegezentrum zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen war, lag eine schwere Sachbeschädigung vor: Denn die Mauern stehen unter Denkmalschutz.
Am Donnerstag musste sich der junge Mann am Wiener Landesgericht verantworten. Der Richterin erklärte er, dass er sein Leben in der Zwischenzeit wieder im Griff habe.
Therapie
Er habe eine Wohnung, einen Job und sogar ein Atelier. Auch gegen die Polizei habe er nichts. Er sei „eigentlich froh, dass es die Polizei gibt“. Seiner Sucht sei er mit zwei Therapiesitzungen pro Woche beigekommen: „Das kostet mein halbes Einkommen.“Den angerichteten Schaden hat er gutgemacht, indem er mit dem OWS Kontakt aufnahm und die Schriftzüge in Eigenregie übermalte. Entsprechende Fotos legte er der Richterin vor. „Die waren sehr zufrieden“, betonte er. „Es schaut schöner aus als vorher“, erkannte die Richterin an.
Trotz zahlreicher Milderungsgründe wurde der Mann zu drei Monaten unbedingter Haft verurteilt (nicht rechtskräftig).