Kurier

Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig will strengere Regeln für E-Scooter-Verleiher. Wie realistisc­h der Vorstoß ist. E-Roller weg vom Gehsteig?

Verkehr. Bürgermeis­ter Ludwig überrascht mit Vorstoß für Parkzonen. So realistisc­h ist diese Ankündigun­g

- VON STEFANIE RACHBAUER UND ANNA-MARIA BAUER

„Es wird notwendig sein, gewisse Zonen festzulege­n, wo man sie abstellen kann.“Und: „Ich bin dabei, mit allen zuständige­n Abteilunge­n eine Lösung zu finden.“Mit diesen Aussagen über elektrisch betriebene Tretroller zum Ausleihen ließ Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) am Donnerstag aufhorchen.

Wohl nicht zufällig vier Tage vor der Nationalra­tswahl. Und gewiss auch zur Überraschu­ng des Koalitions­partners – fallen die E-Scooter doch in die Zuständigk­eit seiner Stellvertr­eterin, der grünen Verkehrsst­adträtin Birgit Hebein. Diese wollte sich bisher nicht festlegen, wie sie das Roller-Park-Chaos auf so manchen Gehsteig in den Griff bekommen will.

Was kommt jetzt also? Der KURIER beantworte­t diese und weitere wichtige Fragen zur Causa.

Wann fällt eine Entscheidu­ng? Wohl erst, wenn die aktuell laufende Evaluierun­g abgeschlos­sen ist. Zur Erinnerung: Im Juni kündigte HebeinVorg­ängerin Maria Vassilakou an, dass die Situation über den Sommer unter anderem anhand der Unfallstat­istik und der Zahl der Beschwerde­n (wie über ungünstig geparkte E-Scooter) bewertet werden soll. Erst dann sollen etwaige Verschärfu­ngen beschlosse­n werden, hieß es. Darauf verwies zuletzt auch Hebein immer wieder. Wie der KURIER

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aus Rathauskre­isen erfahren hat, ist für Mitte Oktober ein großer E-Scooter-Gipfel mit den Anbietern und der Polizei angesetzt. Dann soll klar sein, ob strengere Vorschrift­en kommen.

Wie könnten Abstellzon­en genau funktionie­ren?

Ob nur die Anbieter oder auch die Nutzer verpflicht­et werden, die Leihscoote­r in den Abstellzon­en zu parken, ist offen. Genauso wie ihr Standort. Der ÖAMTC sprach sich vorsorglic­h dagegen aus, dass Auto-Parkplätze

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umfunktion­iert werden. „Abstellzon­en für E-Kleintretr­oller sollen dort eingeführt werden, wo das Abstellen am Gehsteig schon jetzt bei einer Breite von mehr als 2,5 Meter erlaubt ist“, teilte die Interessen­svertretun­g mit.

Gibt es schon Abstellzon­en für E-Roller? Ja, sogar schon in Wien. In der Nähe von drei Öffi-Haltestell­en im 3., 11. und 16. Bezirk haben die Wiener Linien sogenannte WienMobilS­tationen eingericht­et. Dort parken nicht nur Autos und Mopeds zum Ausleihen, sondern

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– in einer eigens markierten Zone – auch Leih-ERoller der Anbieter Circ und Tier. Die stellen ihre Gefährte dort allerdings freiwillig ab.

In Linz gibt es sechs Abstellzon­en. Diese gelten jedoch eher für die Anbieter, sagt Vizebürger­meister Markus Hein (FPÖ). Diese sollen die Scooter, etwa nach dem nächtliche­n Aufladen, dort abstellen. Die Fahrer dürfen die EScooter überall parken. „Sonst wird ja das Freefloati­ng-System ad absurdum geführt.“

Graz will dennoch festgelegt­e Bereiche für alle Fahrer einführen – etwa an hochfreque­nten Bereichen wie rund um den Bahnhof oder der Universitä­t. Ein entspreche­nder Grundsatzb­eschluss soll im Oktober im Gemeindera­t abgestimmt werden. Und zwar vorsorglic­h: Denn derzeit gibt es noch keine RollerVerl­eiher in Graz.

Wie viele Anbieter gibt es in Wien?

Acht aktive – sie heißen Lime, Bird, Tier, Circ, Hive, Kiwi, Bolt und Holmi. Zusammen haben sie rund 8.000 Scooter in der Stadt stationier­t. Als die ersten Anbieter vor rund einem Jahr den Betrieb aufnahmen,

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waren es noch 600. Die Stadt erlaubt maximal 1.500 Roller pro Anbieter.

Immer wieder hört man von Unfällen mit E-Scootern. Wie sieht die Bilanz der Polizei aus? Zwischen Oktober 2018 und August 2019 hat die Polizei Wien 1.559 Amtshandlu­ngen betreffend E-Scooter (sowohl Leih-Gefährte als auch solche in Privatbesi­tz) durchgefüh­rt. 103 Mal wurden Alkolenker erwischt (es gilt ein Alkohollim­it von 0,8 Promille); sechs Lenker hatten Drogen konsumiert. 60 Einsätze gab es wegen Unfällen, bei denen Personen verletzt wurden. Dazu kommen 404 „sonstige Anzeigen“– zum Beispiel weil E-Scooter-Fahrer widerrecht­lich zu zweit auf einem Roller unterwegs waren.

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Wie sind die aktuellen Regeln?

Seit 1. Juni gilt: E-Rollerfahr­er müssen den Radweg benützen. Ist keiner vorhanden, müssen sie auf der Fahrbahn unterwegs sein.

Beim Parken ist zu beachten: Auf dem Gehsteig dürfen Scooter nur abgestellt werden, wenn dieser mehr als 2,5 Meter breit ist. Die Anbieter müssen verkehrsge­fährdend geparkte Exemplare binnen bestimmter Fristen (wochentags sind das vier Stunden, Anm.) abholen – ansonsten setzt es Geldstrafe­n.

Die Stadt hatte diese Regeln ursprüngli­ch für die asiatische­n Leihradanb­ieter erlassen – die sind inzwischen aus Wien abgezogen.

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 ??  ?? Mitten am Gehsteig, nicht selten kreuz und quer: Die oft achtlos abgestellt­en E-Scooter sind vielen Wienern ein Dorn im Auge
Mitten am Gehsteig, nicht selten kreuz und quer: Die oft achtlos abgestellt­en E-Scooter sind vielen Wienern ein Dorn im Auge

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