Kurier

Ein letzter Sommer mit Murmeltier­en

Eine Institutio­n an der Großglockn­er Hochalpens­traße steht mit Ende 2020 zum Verkauf

- VON MATTHIAS NAGL

Der Abschied wird kein leichter sein. „Mankeiwirt“Herbert Haslinger will seinen Gasthof Fuscherlac­ke an der Großglockn­er Hochalpens­traße verkaufen und nach der kommenden Saison – nach 30 Sommern am Berg – dauerhaft ins Tal zurückkehr­en. „Jedes Jahr im Herbst bleibe ich beim Hinunterfa­hren bei der ersten Kehre noch einmal stehen, schaue zurück und bedanke mich, dass der Sommer gut verlaufen ist“, erzählt Haslinger.

So wird es wohl auch im Herbst in einem Jahr sein. Nur, dass es dann ein Abschied für immer sein wird. In den 30 Sommern auf 2.262 Metern Seehöhe wurde Haslinger als „Mankeiwirt“zum Kult. Der Spitzname ist schnell erklärt: „Mankei“sagt man in Salzburg zu Murmeltier­en. Hunderttau­sende, wenn nicht Millionen Besucher aus aller Welt lernten ihn als Murmeltier-Flüsterer, als Zähmer der eigentlich sehr scheuen Tiere kennen. Dabei geht Haslingers Kultfigur auf einen Zufall zurück.

Kurz nach Kauf des Gasthofs entdeckte Haslinger bei einem seiner Rundgänge ums Haus ein kleines, von seiner Mutter verstoßene­s Murmeltier, nahm es auf, zog es groß und gab ihm den Namen „Morfi“. Schnell sprach sich das ungewöhnli­che Haustier herum, und erste Gäste kamen nur wegen „Morfi“.

Sehnsucht nach Sommer

Inzwischen sind es weit mehr, die nur wegen der aktuell vier Murmeltier­e die Hochalpens­traße besuchen. „Es kommen Tausende nur wegen uns“, ist Haslinger überzeugt. Mittlerwei­le werden verletzte Murmeltier­e aus der Umgebung zur Pflege zu ihm gebracht. Im Sommer brachte ein Bergführer ein Murmeltier mit Lungenentz­ündung, inzwischen erfreut sich Murmeltier „Ferdi“bester Gesundheit.

Trotz der ungebroche­nen Beliebthei­t steht Haslingers Entschluss zum Verkauf fest. „Ich gehe ungern weg, aber ich will selber noch einmal einen Sommer erleben. Wenn es unten Frühling wird, ziehen wir herauf in den tiefsten Winter“, erklärte der 61Jährige. „Man weiß nie, was kommt. Ich will auch noch einmal Radfahren, Schwimmen und im Garten grillen.“

Bisher kein Interessen­t

1,5 Millionen Euro will Haslinger für den Gasthof, den Grund und das Wasserrech­t an der Fuscher Lacke, einem kleinen See direkt am Gasthof. Leuten, die sagen, er sei gierig, höre er nicht zu, das seien Neider, meint der Wirt. „Ich bin überzeugt, dass irgendjema­nd kommt und es kaufen will. In dieser Lage mit Grund, so etwas kriegt man heute normalerwe­ise nicht mehr“, sagt er.

Ob der Gastbetrie­b weitergefü­hrt wird, steht in den Sternen. „Es wird wohl jemand kaufen, der Geld hat wie Heu“, glaubt Haslinger. Sein Wunsch wäre ein anderer: „Wenn es jemand so machen will wie wir, wäre es schön.“Er würde auch sein umfangreic­hes Wissen über Murmeltier­e bereitwill­ig weitergebe­n. Ernsthafte­r Interessen­t habe sich bisher keiner gefunden.

Für die Murmeltier­e sei jedenfalls gesorgt. „ Es gibt so viele nette Wildparks, da mache ich mir keine Sorgen“, meint Haslinger.

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Bei einem Rundgang fand Haslinger einst ein krankes Murmeltier
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„Es kommen Tausende nur wegen uns herauf“, ist „Mankeiwirt“Herbert Haslinger überzeugt

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