Ein Deal mit großen Folgen
Formel 1. Der Wechsel von McLaren zu Mercedes verschiebt die Kräfte / Leclerc überragend
Es war ein Tag der Überraschungen in der Formel 1. Und damit war explizit nicht das Qualifying für den Großen Preis von Russland gemeint. Dass Ferrari-Wunderknabe Charles Leclerc das Rennen in Sotschi (13.10 Uhr MESZ/live ORF 1, RTL, Sky Sport) nach seiner vierten Poleposition nacheinander vom besten Startplatz aus in Angriff nehmen wird, durfte ebenso erwartet werden wie das Duell zwischen Ferrari und Mercedes, das heute über den Rennsieg entscheiden wird.
Die Sensation des Tages trug sich in einem zweckmäßigen Besprechungszimmer im Fahrerlager zu. McLaren durfte danach die frohe Kunde bekannt geben: Ab der Saison 2021 wird der zweiterfolgreichste Rennstall der Formel-1-Geschichte von Mercedes-Aggregaten angetrieben werden. Wieder, ist man geneigt zu sagen. Denn die englisch-deutsche Zusammenarbeit hatte schon einmal in eine Erfolgspartnerschaft gemündet. Zwischen 1995 und 2014 sorgte McLaren-Mercedes für sechs gewonnene Weltmeisterschaften (drei der Fahrer, drei als Konstrukteur).
Vorbei sind die zum Teil krachend gescheiterten Experimente mit den Motorenlieferanten Honda (2015 – 2017) und Renault (2018 – 2020). Unter dem neuen Teamchef Andreas Seidl, erst Ende letzten Jahres vom Langstreckenprojekt von Porsche abgeworben, nähert sich McLaren allmählich wieder der Spitze. Neben dem Bau eines neuen Windkanals dürfte nun der MercedesDeal der nächste Puzzlestein im Gesamtbild sein, das am Ende einen WM-Pokal zeigen soll. Doch nicht nur für den Rennstall selbst ist der Vertragsabschluss wegweisend, der Deal dürfte Auswirkungen auf viele Bereiche der Königsklasse haben.
Mercedes festigt damit seine federführende Position innerhalb der Formel 1. In zwei Jahren versorgen die Deutschen damit neben dem eigenen Werksteam drei Kundenrennställe (Williams, McLaren, Racing Point) mit Motoren. Bei Abstimmungen über die zukünftige Ausrichtung der Rennserie kann der Autobauer damit auf namhafte Unterstützung bauen.
Gleichzeitig spült der Deal mit dem dritten Kundenteam gutes Geld in die Kasse des Mercedes-Rennstalls von Teamchef und Anteilseigner Toto Wolff. Auch nach der Reform des technischen Regulativs ab 2021 werden die Triebwerke einer der größten Kostentreiber bei Entwicklung und Anschaffung sein.
Renault hat Probleme
Gemischt sind die Gefühle freilich bei Renault, dem aktuellen Motorenlieferanten von McLaren. Derzeit stehen die Franzosen ab der Saison 2021 ohne Kundenteam da. Einerseits kann Renault ab sofort alle Ressourcen in das eigene Werksteam stecken, um zu den großen Drei (Ferrari, Mercedes, Red Bull) aufzuschließen, andererseits könnte man das Geld aus dem Motorenverkauf gut gebrauchen. Politisch ist man zudem künftig isoliert.
Einige sehen darin ein mögliches Indiz, der Autohersteller könnte sich nach 2020 gänzlich aus der Formel 1 zurückziehen.