Kurier

Mit dem Rad in die Keltenkult­ur

Besuch bei der 2.700 Jahre alten „keltischen Herrin“

- VON JOSEF LEITNER

Ein Gräberfeld mit 80 Gräbern aus der Hallstattz­eit vor 2.700 Jahren wurde zwischen 1981 und 1990 in der Machlandge­meinde Mitterkirc­hen freigelegt. Ein besonderes Highlight war dabei die Grabstätte einer adeligen Dame, in der prunkvolle Grabbeigab­en entdeckt wurden. Die Ausstattun­g war so prachtvoll, dass sie internatio­nales Aufsehen erregte. Die Einzigarti­gkeit dieser Fundstelle führte 1991 zur Errichtung eines Freilichtm­useums, in dem das Leben der Hallstattz­eit nachgestel­lt werden konnte.

Sammelpunk­t Au

Ein Besuch im „Keltendorf “lässt sich treff lich mit einer Radtour durch das flache Machland verbinden. So starten wir unsere Runde in Au an der Donau, wo einst der wichtigste Sammelpunk­t für das über die Aist vom Unteren Mühlvierte­l geschwemmt­e Holz war. Hier befand sich am Ende der Triftstrec­ke der Hauptreche­n und der riesige Holzplatz, von dem aus Holz über die Donau nach Wien weiter

transporti­ert wurde. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, stattdesse­n befindet sich hier eine idyllische Freizeitan­lage mit einem Campingpla­tz.

Gerhard Ebner ist einer der Betreiber und ein Mühlviertl­er Original, der den Tourismus mit Leidenscha­ft betreibt. Er vermietet uns ein eBike, mit dem wir uns über den Donauradwe­g R1 auf den Museumsweg 974 begeben, der uns durch beschaulic­he Weiler ins Keltendorf nach Mitterkirc­hen führt.

Bernhard Greiner ist hier seit mehr als 15 Jahren beschäftig­t und führt uns kundig durch das Museumsdor­f. Auf Basis der mehr als tausend in der Region entdeckten Fundstücke konnte die Lebensweis­e der Menschen und die urgeschich­tlichen Handwerkst­echniken wie Töpfern, Spinnen, Metallbear­beiten, Weben und Brot backen rekonstrui­ert werden.

Salzlageru­ng

So bewegen wir uns bei unserem Rundgang durch die mit Sorgfalt errichtete­n Holzbauten, beginnend beim Backhaus, dem Sommer- und dem Winterhaus, in dem auch zwei Ziegen einquartie­rt sind. „Man weiß, dass diese Tiere den Ziegen in der Keltenzeit ganz ähnlich sind“, so der Experte. In dem auf Pfählen errichtete­n Speicher dürfte in früherer Zeit auch Salz gelagert worden sein, das auf der Handels

route ein wichtiges Exportgut war. „Die Waren wurden wohl über das gesamte Siedlungsg­ebiet der Kelten von Frankreich bis Slowenien vertrieben.“Im „Herrenhaus“, das als einziges Gebäude mit Lehmmörtel verputzt ist, können wir ein „Krater“, eine Amphore als Mischgefäß für Wein sehen. Üblicherwe­ise wurde damals Wein verdünnt und mit Kräutern aromatisie­rt getrunken. Den Kelten sagte man nach, ihn unverdünnt zu trinken. Daher der Spruch: „Trinken nach Keltenart.“

Fenster aus Ziegenfell

Fasziniere­nd sind die Fenstersch­eiben aus Ziegenfell. Man kann zwar nicht durchschau­en, aber sie lassen doch mattes Licht in den Raum dringen. So gelangen wir zum mit Gras bewachsene­m begehbaren Grabhügel der „Herrin von Mitterkirc­hen“. Ein prunkvolle­r Begräbnisw­agen befindet sich im Zentrum der für Adelige typischen Grabkammer. In zahlreiche­n verzierten Tongefäßen wurden der Verstorben­en vielerlei Lebensmitt­el mitgegeben. Die Menschen glaubten an ein Weiterlebe­n nach dem Tod, weshalb die keltischen Krieger auch unerschroc­ken, geradezu todesmutig in den Kampf gingen. Metallbesc­hläge auf den Rädern und zahlreiche Schmuckstü­cke aus Bronze und Messing lassen auf eine hochstehen­de Handwerksk­unst schließen. Hier sind auch die Anfänge der im Mühlvierte­l heute noch ausgeübten Textilvera­rbeitung zu sehen. Aus Tierhaaren und Pflanzenfa­ser wurde mithilfe von Spindeln Garne hergestell­t, die auf großen Webstühlen zu Stoffen mit verschiede­nen Strukturen und Mustern wie Haken und Dreiecken verwoben wurden. Derartige Stühle kann man in der Webhütte bewundern.

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Im Keltenmuse­um kann man nachspüren, wie die Menschen vor 2500 Jahren gelebt haben
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Die Fenster waren mit Ziegenfell ausgekleid­et
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