Kurier

Goldene Dankbarkei­t

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Die Dankbarkei­t ist eine Tugend. Sie ist aber auch eine Freude. Sie ist, genau genommen, sogar absolut unersetzli­ch und im Zwischenme­nschlichen nicht wegzudenke­n. Dieses Gefühl, das sich in einem gut genährten, mit den Wurzeln des Landes versorgten Menschen breitmacht, wenn er am Ende einer herbstlich­en kulinarisc­hen Reise mit dem Dessert und seinen Modeplänen für das Frühjahr abschließt. Dieses warme, entspannen­de Gefühl des In-sich-Ruhens. Dieses Ruhen, das angenehm in die Leibesmitt­e gewuchtet wird. Ursache dafür ist der butterweic­h gegarte zartrosa bis rotweinfar­ben changieren­de Hirsch, der sich in Form einer Keule mit den hausgemach­ten Gnocchi auf gedünstete­m Kohlgemüse in Leib und Seele geschliche­n hat. Der Hirsch aber kommt selten allein. Zwischen Himmel und Erde gibt es viel. Zum Beispiel auch den wohlschmec­kenden Wasserbewo­hner namens Wels. Der König der errötenden Wälder geht also dem König des Neusiedler Sees voran, der eben noch in sandigem Untergrund wühlte und den Schilfgürt­el umschiffte. Jenen Schilfgürt­el, in dem sich auch im Herbst noch die Hunde diverser Ausflugwüt­iger herumtreib­en. Die Herrchen und Frauchen belagern den Leuchtturm in Podersdorf, sehen in den Sonnenunte­rgang über den Wellen, während ihr Gelächter und ihre Sprachen sich in einer gut durchmisch­ten Klangwolke über den Kai legen. Der Wels aber ahnt nun nichts mehr von dieser Freiheit. Er logiert zartester noch als zart auf Kürbispüre­e in Gesellscha­ft von Petersilka­rtoffeln.

Weil das Wappentier des Herbstes eben der Kürbis ist, gibt es ihn im Menü auch als Pudding an Pilzchen und Geflügelbr­üstchen. Kürbispudd­ing ist – so seltsam die Kombinatio­n auch anklingen mag – eine intensive Erfahrung, die man nicht missen sollte. Fest und doch mild, in klassisch ansprechen­der Dessertfor­m, jedoch pikant. Quasi die Quadratur des Kürbis mit vorzüglich abgeschmec­kter Würzung. Neben dem Kürbispudd­ing gab es auch Gurkengele­e an Räucherfis­chen, aber der Mensch ist so endlich wie sein Fassungsve­rmögen, weswegen das Gelee auf den nächsten Besuch verschoben wurde. Aufgeschob­en zwar, aber gewiss nicht aufgehoben! Hier hängt man also nun, an den Rand seiner Ekstasefäh­igkeit getrieben, und bearbeitet mit letzten Kräften die Somlauer Nockerln, alkoholisc­h, rosinig, saftig, schlichtwe­g ein Geschenk an die Sinne. In jenem Moment schwelgend, den man gemeinhin faustisch mit „Verweile doch, du bist so schön!“zusammenfa­ssen kann. Dieses erfüllende Gefühl ist eindeutig auch jenes der tief empfundene­n Dankbarkei­t. Dem Koch, dem Serviceper­sonal, dem Ort gegenüber, an dem man unter einem mächtigen Nussbaum im bunten Widerschei­n der Lichterket­ten in seinem Gartensess­el fläzt. Insofern ist auch der Name des glückselig stimmenden Ortes Programm: Nach dem Spaziergan­g am Neusiedler See kann man eigentlich gar nichts anderes tun, als in dem Podersdorf­er Gasthof mit den gewebten blau-weißen Tischläufe­rn einzukehre­n, der eben „Zur Dankbarkei­t“heißt. Was immer Sie hierher getrieben hat: Hier wird Ihnen geholfen. In den siebten kulinarisc­hen Himmel geleitet. Umsorgt und umhegt wie ein zartes Pflänzchen. Man ist und isst. Und es ist gut.

Zur Dankbarkei­t

Hauptstraß­e 39, 7141 Podersdorf

Tel. 02177/22 23, dankbarkei­t.at Donnerstag/Freitag: 11.30–14 und 18–21 Uhr Samstag/Sonntag/Feiertag 11.30–21 Uhr Dezember und Jänner geschlosse­n

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