Kurier

Jetzt kommt wohl Türkis-Grün(-Pink)

Sebastian Kurz hat einen fulminante­n Wahlsieg eingefahre­n. Jetzt kommen schwierige Verhandlun­gen.

- VON MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Für ÖVP und Grüne sind an diesem Sonntag Träume wahr geworden: Sebastian Kurz hat alle anderen auf die Plätze verwiesen, obwohl diesmal alle „hinter ihm her“waren. Die Grünen sind wieder im Parlament. Für die SPÖ ist der allerschli­mmste Albtraum nicht eingetrete­n: hinter die FPÖ auf Platz drei zu fallen.

Fest steht: Das ist ein unerwartet hoher, ein fulminante­r und in einigen Bereichen sogar historisch­er Wahlsieg für Sebastian Kurz. Die letzte, für die Freiheitli­chen desaströse Woche brachte der ÖVP noch einmal einen Schub. Man hat fast ein Déjà-vu: Als 2002 die FPÖ in Knittelfel­d implodiert­e, schoss Wolfgang Schüssels ÖVP auf 42 Prozent. So viel wurde es für Kurz zwar nicht, aber er schaffte den größten je gemessenen Abstand zwischen Platz eins und zwei. Wer sich die Ergebnisse anschaut, sieht außerdem wieder einmal: Wien tickt anders als das restliche Land. Die SPÖ hat das schlechtes­te je bei Nationalra­tswahlen erzielte Ergebnis, einige tiefrote Regionen sind zu den Türkisen übergelauf­en.

Am wahrschein­lichsten ist jetzt eine türkis-grüne Regierung (eventuell mit pinker Beteiligun­g). Was bedeutet, dass sich die Grünen in Windeseile auf die Regierungs­verantwort­ung vorbereite­n müssen. Die Pinken sind zwar gewachsen, bleiben aber offenbar ein urbanes Phänomen. Sie sind jedenfalls bereit, für „stabile Mehrheiten“zu sorgen. Leicht wird es nicht, die Grünen sind vor allem in Wien weit links. Und Werner Kogler verhöhnte in seinem ersten Statement die ÖVP gar als „Sektenmitg­lieder des Kanzlerdar­stellers“.

Für Blaue war der Wahlkampf zu lang

Die Freiheitli­chen stehen an einer Weggabelun­g: Weiter mit dem konziliant­en Norbert Hofer oder ein deutlich aggressive­rer Kurs mit Herbert Kickl? In Opposition ist Letzteres logischer. Hofer kann ja Dritter Nationalra­tspräsiden­t werden und dann noch einmal für die Hof burg antreten. Die FPÖ hat lange einen (angesichts der Ausgangsla­ge!) profession­ellen Wahlkampf gemacht. Doch der späte Wahltermin (auch von den Blauen favorisier­t) gab ganz zum Schluss einen Turbo in die Gegenricht­ung. Der Spesenskan­dal demoralisi­erte die FP-Wähler dann doch noch. Sündteure Taschen (auch wenn sie vielleicht nur geliehen waren, wie Philippa Strache behauptete)? Das war zu viel. Die FPÖ braucht jetzt (wieder einmal) einen „Neustart“laut Generalsek­retär Vilimsky. Er betrachtet das Wahlergebn­is nicht als Auftrag, die Koalition fortzusetz­en. Türkis-Blau ist damit Geschichte – eine, die nur 17 Monate dauerte. Dass Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen jetzt keinen Zeitdruck bei den Koalitions­verhandlun­gen will, ist gut. Nach den aggression­sgeladenen Auseinande­rsetzungen der vergangene­n Monate müssen sich jetzt alle wieder „einkriegen“.

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