Kurier

Warum es die ÖVP langsam angehen lässt

Koalitions­verhandlun­gen. Wankende Gegenüber und die Landtagswa­hlen spielen eine Rolle

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Es gibt Schlimmere­s, mag er sich gedacht haben, der Karl Nehammer. Zwei Tage nach dem Wahlsonnta­g stand der Generalsek­retär der ÖVP wieder vor Journalist­en, um in der Partei-Akademie bemerkensw­erte Details einer für die ÖVP mehr als bemerkensw­erten Wahl zu referieren.

Die Präsentati­on enthielt jede Menge Prozent-Balken, und alle waren sie am Aufsteigen: Von 15,2 Prozent (Wahl 2013) auf 34,9 in Kärnten; von 20,9 auf 39 in der Steiermark; und von 26,7 auf 46,4 in Salzburg. Insbesonde­re die 39 Prozent aus der Steiermark sind von Interesse, aber dazu später mehr.

Zunächst zurück zum Nehammer-Auftritt. Dieser war einer Veranstalt­ung geschuldet, die zuvor im Nebengebäu­de zu Ende gegangen war.

Parteichef Sebastian Kurz hatte mit den Partei-Granden beraten, wie es denn weitergehe­n soll. Formal ist der Ablauf einfach: Heute, Mittwoch, trifft Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen den Wahlsieger Sebastian Kurz. Hat das Staatsober­haupt mit allen Parteichef­s gesprochen, wird er Kurz den Regierungs­auftrag erteilen. Und nächste Woche kann es dann losgehen mit den Sondierung­sgespräche­n – fein säuberlich nach Stimmenstä­rke gereiht, also: Beginnend mit der SPÖ, dann mit der FPÖ und erst im Anschluss mit den Grünen.

Auf Zeit spielen

Die ÖVP tut diesmal gut daran, sich bei allen Schritten möglichst Zeit zu lassen.

Grund Nummer 1 sind die potenziell­en Partner.

Denn wenn Generalsek­retär Nehammer sagt, man müsse abwarten, wer in den anderen Parteien die handelnden Personen sind, so ist das nicht nur auf die Krisengebe­utelte FPÖ gemünzt.

„Mein Bauchgefüh­l sagt mir, dass Pamela RendiWagne­r in einer Woche nicht mehr Bundespart­eichefin der SPÖ ist“, sagt Wolfgang Hattmannsd­orfer, Landesgesc­häftsführe­r der Volksparte­i in Oberösterr­eich. Und er ist nicht der Einzige in der ÖVP.

Dass es die Volksparte­i langsam angehen darf, ist auch den anstehende­n Landtagswa­hlen geschuldet. Bereits Ende November wird in der Steiermark gewählt, und an dieser Stelle kommen die eingangs erwähnten Zahlen zum Tragen: Für das Ergebnis der grün-weißen ÖVP um Hermann Schützenhö­fer wäre es wohl eher hinderlich, würde die Bundespart­ei kurz vor diesem Termin vor dem Abschluss der ersten türkisgrün­en Regierung auf Bundeseben­e

stehen. Der Grund: eine solche Koalition verschreck­t all jene FPÖ-Fans, die in der Steiermark diesmal zur ÖVP wechseln könnten.

Die Ergebnisse, die Kurz bei der Nationalra­tswahl geschafft hat, sind gleicherma­ßen Freude wie Hypothek. Denn während Kurz etwa in

der Steiermark satte 39 Prozent geschafft hat, hält die Landes-ÖVP in Umfragen „nur“bei 33. Und das wiederum bedeutet, dass das einst eherne Gesetz wackelt, wonach ein Landeshaup­tmann immer mehr Zuspruch und Stimmen bekommt als sein Bundespart­eiobmann.

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Schützenhö­fer, Kurz: Gute Werte des einen sind Bürde des anderen

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