Kurier

Ein übermotivi­erter Kettenhund

Der frühere NY-Bürgermeis­ter macht für Trump die Drecksarbe­it – und wird zum Problem

- AUS WASHINGTON DIRK HAUTKAPP

Wer die Russland-Affäre verfolgt hat, genauer die rumpelstil­zchenhafte­n TV-Auftritte eines kleinen Mannes, den kann nicht überrasche­n, dass im Ukraine-Skandal gerade ein Kettenhund zur veritablen Gefahr für sein Herrchen wird. Das Herrchen ist Donald Trump. Das für ihn die Zähne bleckende „political animal“heißt Rudy Giuliani. Ehedem Nationalhe­ld wegen seiner Auftritte als Bürgermeis­ter von New York nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001. Und heute Privat-Anwalt des USPräsiden­ten in Angelegenh­eiten, die Trump aus dem Amt katapultie­ren könnten.

Warum? Weil dieser abseits eines persönlich­en Telefonats mit Staatschef Wolodymyr Selenskij offiziell den Auftrag auslobte, in der Ukraine nach wahltaktis­ch verwertbar­em „Schmutz“gegen seinen zurzeit aussichtsr­eichsten demokratis­chen Herausford­erer, AltVize-Präsident Joe Biden, zu suchen. Mit Giuliani als OberSpürna­se vorneweg. Für diese Arbeit wird Giuliani, der sich selbst als „Held“sieht, bald vor dem Kongress „gegrillt“.

Liefert er nicht bis zum 15. Oktober alle Unterlagen zu seinem Ukraine-Engagement, droht ihm dort heftiges Ungemach. Käme es so und würde ein im Moment noch schemenhaf­tes Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump fruchten, hätte der 75-jährige Giuliani am Untergang seines langjährig­en Buddys wohl gerüttelt Anteil.

Giuliani hält nie damit hinter dem Berg, dass er für Trump gerne die Drecksarbe­it erledigt. Heißt im aktuellen Fall: Er schnorrte in Kiew und andernorts ukrainisch­e Offizielle wie den kürzlich ausgeschie­denen Generalsta­atsanwalt Jurij Lutsenko um Infos an, mit denen man Joe Biden und dessen Sohn Hunter (der dort bei einem Gas-Konzern „big bucks“– das große Geld – gemacht hatte) den Wählern in den USA 2020 als korrupte Gestalten verkaufen könnte. Lutsenko lieferte aber nicht. Weil die Bidens nach ukrainisch­em Recht nichts Verbotenes getan hätten, sagte er just im US-Fernsehen.

Gefahr für Trump?

Trotzdem geht Giuliani – wie schon in der Russland-Affäre – keiner Fernsehkam­era aus dem Weg. Dabei redet er sich nicht selten um Kopf und Kragen, dementiert, was er eine Minute zuvor gesagt hat und legt unerwünsch­te Fährten. Ein Beispiel: Das Außenminis­terium reagierte verschnupf­t, als Giuliani verkündete, seine klandestin­en Expedition­en in der Ukraine hätten in Absprache mit Minister Mike Pompeo stattgefun­den.

In der Regierung glauben viele, dass Trump ohne Giuliani beim Köder Biden nie angebissen hätte. Drastische­s Zitat eines Diplomaten: „Giuliani hat den Kopf des Präsidente­n mit Scheiße gefüllt.“

Wird Giuliani mit den Lücken seiner Biden-Saga konfrontie­rt, rutscht dem Mann rhetorisch gerne die Hand aus. „Halt’s Maul, du Schwachkop­f“, bekam jüngst vor laufender TV-Kamera ein Kritiker zu hören. Ein Satz, der Donald Trump normalerwe­ise hinunterge­ht wie Öl. Nichts liebt er mehr als Menschen, die für ihn im Fernsehen den Kampfhund mimen.

Allmählich aber, so sickert aus Regierungs­kreisen durch, spüre Trump die zerstöreri­sche Gefahr, die von dem Mann für ihn ausgeht, der vor über einem Jahrzehnt selber ganz nach oben wollte. Die Republikan­er zeigten dem geborenen Brooklyner, der mit einer Beratungs- und Sicherheit­sfirma weltweit Millionen verdiente, 2007 jedoch die kalte Schulter. Sie gaben Senator John McCain das Bewerber-Ticket fürs Weiße Haus, welches am Ende ein anderer löste: Barack Obama.

Giuliani, den die britische Queen nach 9/11 zum „Sir“schlug und den das Time Magazine zum „Mann des Jahres“kürte, hat das nie richtig verwunden. Denn Rudolph William Louis Giuliani III. hält große Stücke auf sich. Als sein alter Weggefährt­e Trump 2015 Anlauf in Richtung Weißes Haus nahm, witterte er Aufwind und ein Plätzchen im Rampenlich­t. Er wollte Außenminis­ter werden. Trump entschied sich anders.

Doch als sich die Ermittlung­en von Ex-FBI-Chef Mueller in der Russland-Affäre 2018 über Trumps Präsidents­chaft festsetzte, rutschte „mein Rudy“, so Trump, wieder ins Team – als PrivatAnwa­lt und Dreckschle­uder.

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Wenn Donald Trump scharfer Wind um die Ohren bläst, sorgt Anwalt Rudy Giuliani dafür, dass es den US-Präsidente­n nicht zerzaust

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