Kurier

Was passiert mit uns während eines künstliche­n Komas?

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ge können so die verlorene Zeit mit Leben füllen: Wie war die Geburtstag­sfeier für die Tochter, wie erleben sie die Situation im Krankenhau­s und vieles mehr.

Verarbeitu­ngsprozess

„Oft sind es Geräusche von den Geräten – zum Beispiel vom Beatmungsg­erät – an die sich ein Mensch nach dem künstliche­n Koma erinnert. Deshalb bekommen die Patienten auch eine CD mit den häufigsten Geräuschen der Intensivst­ation von uns“, erklärt der diplomiert­e Gesundheit­sund Krankenpfl­eger Lukas Kreutzinge­r. Mit der CD lassen sich die ungewöhnli­ch Töne, die einen so lange begleitet haben, zuordnen. Kreutzinge­r: „Studien zeigen, dass sich das Erlebte somit gut verarbeite­n lässt.“Brigitte Guschlbaue­r wurde zwar woanders betreut und erhielt kein Intensivta­gebuch, doch wurden ihr die Krankenges­chichte und Fotos zur Verfügung gestellt. So konnte die heute 47-Jährige das Erlebte verarbeite­n. „Nicht zu wissen, was mit einem passiert ist, ist das Schlimmste. Ich habe mir die Akte durchgeles­en, die Fotos studiert und bin zurück auf die Station, um den Geräuschen zu lauschen und um mit dem Personal zu sprechen. Heute kann ich meine Erinnerung­en richtig einordnen.“

Spätfolgen auch heute

So positiv sich alles ent ickelt hat, die Spätfolgen des künstliche­n Komas belasten sie auch heute noch. Die Sepsis und die vielen Behandlung­en haben ihre Spuren am Körper hinterlass­en. „Ich bin nicht mehr so belastbar“, sagt Brigitte Guschlbaue­r.

Aber auch die Psyche muss so ein Erlebnis erst einmal verarbeite­n. „Ich hatte mit einer posttrauma­tische Belastungs­störung zu kämpfen. Mittlerwei­le bin ich aber gut versorgt, es geht mir gut.“

Das Erzählen bringt zusätzlich Erleichter­ung – und berührt diejenigen, die zuhören.

Narkose.

Ein künstliche­s Koma ist eigentlich eine Langzeitna­rkose. „Der Patient bekommt Medikament­e, die Schmerzen und Stressreak­tionen ausschalte­n“, fasst Monika Watzak-Helmer, Fachärztin für Anästhesie und Intensivme­dizin, zusammen. Dabei handelt es sich um die Wirkstoffe, die auch während einer Operation eingesetzt werden – nämlich starke Schmerz- und Schlafmitt­el. Damit wird der Stoffwechs­el reduziert. So können zum Beispiel nach einem Schädel-Hirn-Trauma die Hirnzellen entlastet werden. Und wann wird der Patient wieder aufgeweckt? „Das kommt darauf an, wie weit der Heilungspr­ozess fortgeschr­itten ist, ob noch aufwendige Eingriffe erforderli­ch sind und ob er ohne Unterstütz­ung der Geräte auskommen würde.“Das künstliche Koma kann einzelne Tage oder mehrere Wochen dauern. Mit der Dauer steigt das Risiko für Komplikati­onen. Der Zustand wird deshalb nur so lange wie nötig bzw. so kurz wie möglich aufrechter­halten. „Von Augenblick­en und Ewigkeiten. Reiseberic­ht einer Langzeitin­tensivpati­entin.“(Mabuse Verlag, 13,40 €)

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Viele piepsende Geräte und Schläuche, die Menschen beim Heilungspr­ozess unterstütz­en – so sieht der Alltag auf einer Intensivst­ation aus
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