Kurier

Ethnische Säuberunge­n in Nordsyrien verhindern

- VON WALTER FRIEDL walter.friedl@kurier.at

Dass US-Präsident Donald Trump in seiner „großartige­n und unvergleic­hlichen Weisheit“(Selbstbesc­hreibung) dem türkischen Autokraten Tayyip Erdoğangrü­nesLichtfü­rdenEinmar­schinNords­yrien (Seite 6) gegeben hat, war ein fataler Fehler mit potenziell dramatisch­en Folgen für die gesamte Region.

Gewiss, der Flüchtling­sdruck in der Türkei ist enorm (bis zu 3,6 Millionen Migranten) und hat auch schon intern zu Spannungen geführt. Doch einfach einen bis zu 35 Kilometer breiten Steifen im Nachbarlan­d Syrien zu besetzen, um dort dann bis zu eine Million Flüchtling­e abzuladen, ist nicht nur klar völkerrech­tswidrig, sondern auch inakzeptab­el. Die EU kommt ja auch nicht auf die Idee, Teile Ägyptens, Tunesiens oder Libyens zu besetzen, um die Problemati­k zu exportiere­n. Und Brüssel sollte keinesfall­s die Pläne des „Sultans“klammheiml­ich gutheißen, in der (falschen) Hoffnung, dass dann keine Migranten mehr nach Europa kommen. Denn Erdoğan verfolgt mit seiner Militärope­ration gegen den „Terror-Korridor“eigentlich ein anderes Ziel: Er will die nordsyrisc­hen Autonomieg­ebiete zerstören, die von den Kurden dominiert und selbst verwaltet werden, und die Bevölkerun­g vertreiben – ethnische Säuberunge­n nannte man das in den Jugoslawie­nkriegen, mit den bekannten Folgen.

Die gut ausgebilde­ten kurdischen Einheiten werden die Angreifer jedenfalls in verlustrei­che Gefechte verwickeln und als Ultima Ratio zur Guerillata­ktik greifen. Sollten sich das Assad-Regime, der Iran oder beide gemeinsam aktiv auf die Seite der Kurden schlagen, käme es zu einer dramatisch­en Ausweitung der Kampfzone.

Echte Weisheit hieße jetzt, internatio­nal alle Kräfte zu bündeln, um eine Total-Eskalation zu verhindern.

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