Kurier

„In vier Jahren wird die NASA von einer privaten Firma überholt“

Raumfahrt. ESA-Experte Rudolf Schmidt über die Notwendigk­eit, Menschen zum Mars zu schicken.

- VON DAVID KOTRBA

Der Österreich­er Rudolf Schmidt hat mit „Mars Express“die erste europäisch­e Raumsonden­mission zum roten Planeten geleitet. Regisseur Ridley Scott hat ihn als Berater für seinen Science-Fiction-Film „Der Marsianer“engagiert. Der KURIER hat mit Schmidt über die Bedeutung von Weltraumab­enteuern für die Menschheit gesprochen.

KURIER: Warum ist der Mars so interessan­t für Forscher? Rudolf Schmidt: Er ist der erdähnlich­ste Planet. Wenn man irgendwo hinfliegen und dort leben wollte, dann am Mars – obwohl es dort sehr kalt ist. Bei Tag hat es minus 20, bei Nacht minus 100 Grad. Es gibt keinen Sauerstoff und es ist staubtrock­en. Überleben ist nicht einfach, aber einfacher als auf anderen Planeten.

Dass Menschen den Mars betreten, ist ein jahrzehnte­lang gehegter Traum. Könnte es durch den Erfolg privater Weltraumun­ternehmen bald wirklich so weit sein?

Die NASA hat im Augenblick Mond- und langfristi­g Marspläne. Elon Musk hat mit SpaceX etwas aus dem Boden gestampft, worüber man vor zehn Jahren noch gelacht hätte. Derzeit wird das Starship entwickelt. Es ist durchaus für Marsflüge ausgelegt, was man von den aktuellen NASA-Raumschiff­en nicht sagen kann. In vier Jahren schaut die NASA dann blöd aus der Wäsche. Dann werden sie von einer kommerziel­len Firma links überholt.

Was können Menschen denn am Mars machen, was Roboter nicht können?

Roboter können schon sehr viel, aber improvisie­ren geht kaum. Unter den MondAstron­auten war ein Geologe, der schnurstra­cks auf wissenscha­ftliche relevante Felsbrocke­n zugegangen ist. Ein Roboter kann das nicht. Kolumbus hat auch keine Roboter vorausgesc­hickt, sondern ist einfach losgefahre­n. So wird es mit der Mondund Marsforsch­ung auch sein müssen.

Laut Elon Musk sollte man den Mars unbedingt besiedeln, für den Fall, dass die Erde zerstört wird. Stimmen Sie zu?

Genau, Stichwort ‚Planet B‘. Da gibt es die Idee, die Mars-Umgebung umzuwandel­n – Terraformi­ng. Ich bin kein großer Freund davon. Wir müssen zuerst die Erde erhalten, erst dann können wir etwas mit dem Mars machen. Kolonien auf dem Mars zu errichten, wird unglaublic­h komplex und teuer. Bis

man dort autark leben kann, wird viel Zeit vergehen.

Welchen Beitrag leistet die Raumfahrt zum Klimaschut­z?

Einen sehr großen. Im Augenblick werden mehr Daten produziert, als ausgewerte­t werden können. Durch Satelliten im Orbit werden alle möglichen Parameter gemessen. Das hat wesentlich zum besseren Verständni­s unseres Ökosystems beigetrage­n.

Was halten Sie eigentlich von der Ressourcen­gewinnung im All, etwa auf Asteroiden?

Die Unternehme­n, die das verfolgen, sind in erster Linie an Edelmetall­en interessie­rt. Es gibt auch Asteroiden, die dafür infrage kämen. Aber es ist ein großer Aufwand, Sonden und Roboter zu bauen, die das abbauen und zur Erde zurückbrin­gen können. Man müsste Milliarden Euro reinstecke­n. Ob sich das auszahlt, ist fraglich. Ich stehe dem im Augenblick etwas skeptisch gegenüber.

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Ein Prototyp des SpaceX Starship in Texas. Das Raumschiff soll Menschen auf den Mars bringen
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Rudolf Schmidt hat 33 Jahre lang bei der ESA gearbeitet

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