„In vier Jahren wird die NASA von einer privaten Firma überholt“
Raumfahrt. ESA-Experte Rudolf Schmidt über die Notwendigkeit, Menschen zum Mars zu schicken.
Der Österreicher Rudolf Schmidt hat mit „Mars Express“die erste europäische Raumsondenmission zum roten Planeten geleitet. Regisseur Ridley Scott hat ihn als Berater für seinen Science-Fiction-Film „Der Marsianer“engagiert. Der KURIER hat mit Schmidt über die Bedeutung von Weltraumabenteuern für die Menschheit gesprochen.
KURIER: Warum ist der Mars so interessant für Forscher? Rudolf Schmidt: Er ist der erdähnlichste Planet. Wenn man irgendwo hinfliegen und dort leben wollte, dann am Mars – obwohl es dort sehr kalt ist. Bei Tag hat es minus 20, bei Nacht minus 100 Grad. Es gibt keinen Sauerstoff und es ist staubtrocken. Überleben ist nicht einfach, aber einfacher als auf anderen Planeten.
Dass Menschen den Mars betreten, ist ein jahrzehntelang gehegter Traum. Könnte es durch den Erfolg privater Weltraumunternehmen bald wirklich so weit sein?
Die NASA hat im Augenblick Mond- und langfristig Marspläne. Elon Musk hat mit SpaceX etwas aus dem Boden gestampft, worüber man vor zehn Jahren noch gelacht hätte. Derzeit wird das Starship entwickelt. Es ist durchaus für Marsflüge ausgelegt, was man von den aktuellen NASA-Raumschiffen nicht sagen kann. In vier Jahren schaut die NASA dann blöd aus der Wäsche. Dann werden sie von einer kommerziellen Firma links überholt.
Was können Menschen denn am Mars machen, was Roboter nicht können?
Roboter können schon sehr viel, aber improvisieren geht kaum. Unter den MondAstronauten war ein Geologe, der schnurstracks auf wissenschaftliche relevante Felsbrocken zugegangen ist. Ein Roboter kann das nicht. Kolumbus hat auch keine Roboter vorausgeschickt, sondern ist einfach losgefahren. So wird es mit der Mondund Marsforschung auch sein müssen.
Laut Elon Musk sollte man den Mars unbedingt besiedeln, für den Fall, dass die Erde zerstört wird. Stimmen Sie zu?
Genau, Stichwort ‚Planet B‘. Da gibt es die Idee, die Mars-Umgebung umzuwandeln – Terraforming. Ich bin kein großer Freund davon. Wir müssen zuerst die Erde erhalten, erst dann können wir etwas mit dem Mars machen. Kolonien auf dem Mars zu errichten, wird unglaublich komplex und teuer. Bis
man dort autark leben kann, wird viel Zeit vergehen.
Welchen Beitrag leistet die Raumfahrt zum Klimaschutz?
Einen sehr großen. Im Augenblick werden mehr Daten produziert, als ausgewertet werden können. Durch Satelliten im Orbit werden alle möglichen Parameter gemessen. Das hat wesentlich zum besseren Verständnis unseres Ökosystems beigetragen.
Was halten Sie eigentlich von der Ressourcengewinnung im All, etwa auf Asteroiden?
Die Unternehmen, die das verfolgen, sind in erster Linie an Edelmetallen interessiert. Es gibt auch Asteroiden, die dafür infrage kämen. Aber es ist ein großer Aufwand, Sonden und Roboter zu bauen, die das abbauen und zur Erde zurückbringen können. Man müsste Milliarden Euro reinstecken. Ob sich das auszahlt, ist fraglich. Ich stehe dem im Augenblick etwas skeptisch gegenüber.