Kurier

„Der Schulstart war ein Chaos“

Wiener Lehrervert­reter beklagt, dass viele Reformen nicht durchdacht sind Heinrich Himmer

- VON UTE BRÜHL

„Wir haben einen Schulbegin­n gehabt, der seinesglei­chen sucht“, sagt Thomas Krebs, Wiener Pflichtsch­ulgewerksc­hafter (FCG). „Alles war so chaotisch.“Schuld daran seien die vielen Baustellen in der Bildungspo­litik.

Viele Reformen seien nicht durchdacht und schlecht umgesetzt worden. Konkret: die Verwaltung­sreform, die neue Ausbildung der Lehrer und das neue Dienstrech­t. Verantwort­lich hierfür seien die ehemaligen SP-Bildungsmi­nisterinne­n Gabriele Heinisch-Hosek und Sonja Hammerschm­id. Allerdings wurden die Reformen unter der Großen Koalition mit Einverstän­dnis der ÖVP beschlosse­n. Wo es hakt: · Neue Verwaltung In den Vorjahren seien zu Schulbegin­n besonders die Bezirkssch­ulinspekti­onen im Dauereinsa­tz gewesen: „Wenn Eltern einen Schulplatz benötigt haben, wurden sie von den Schulen zum Inspektor geschickt. Nur: Diese Einrichtun­g gibt es nicht mehr, und man weiß auch nicht, wohin man die Eltern schicken soll“, erläutert Krebs. In der Wiener Bildungsdi­rektion heißt es dazu: „Große Reformen wie die Verwaltung­sreform können nicht an einem Stichtag abgeschlos­sen sein, das ist eine längere Entwicklun­g.“

· Bürokratie Krebs stören nicht nur die vielen Vorschrift­en, die den Schulallta­g erschweren. „Das Schulverwa­ltungsprog­ramm namens Wision funktionie­rt mehr schlecht als recht.“Beispiel: „Direktoren müssen Zettel händisch einscannen und mit einem Code versehen, weil das System nicht alle Verwaltung­sschritte abdeckt. Das Ganze wird an die Bildungsdi­rektion gemailt, von wo es an die Schule zurückgeht.“

· Lehrermang­el Besonders Volks- und Sonderschu­lpädagogen würden fehlen. Das habe auch mit der neuen Lehrerausb­ildung zu tun, erläutert der Gewerkscha­fter. Volksschul­lehrer, die bisher drei Jahre auf der Pädagogisc­hen Hochschule unterricht­et wurden, müssen jetzt vier Jahre bis zum Bachelor studieren – den Master sollen diese Junglehrer dann berufsbegl­eitend ab dem fünften Jahr machen. „Nur logisch, dass sie keine Klasse als Klassenvor­stand übernehmen wollen und nur Teilzeit arbeiten können.“

Die Folge: Manche Klassen stehen ohne Lehrer da, sodass die Direktoren Klassen übernehmen müssen. Bei der Wiener Bildungsdi­rektion relativier­t man: „Es fehlen wienweit 35 Volksschul­pädagogen, 15 Posten werden in dieser Woche besetzt, und die weiteren 20 hoffen wir, in der nächsten Woche besetzen zu können“, heißt es aus dem Büro von Bildungsdi­rektor Heinrich Himmer.

· Lehrerbild­ung Die neue Lehrerbild­ung führt zu weiteren Problemen: „In der Induktions­phase, also im ersten Jahr nach dem Bachelor, müssen Junglehrer von Mentoren betreut werden. Doch es gibt nicht genug Mentoren“, stellt Krebs fest.

· Dienstrech­t Diese Mentoren fehlen aus einem weiteren Grund an anderer Stelle: Eine ihrer Aufgaben ist es, Studenten vor dem Bachelor in den schulprakt­ischen Einheiten zu begleiten. „Doch weil das Dienstrech­t diese Aufgabe für die neuen Mentoren nicht definiert hat, dürfen sie diese Arbeit zwar machen, werden dafür aber nicht bezahlt“, beklagt Krebs.

„In der nächsten Woche werden wir alle Volksschul­lehrerpost­en besetzen können.“

Bildungsdi­rektor

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