Der doppelte Nobelpreis ist nicht doppelt so viel wert
Literatur. Heute gibt es erstmals zwei Preise
Heute werden, nach einem Jahr Pause, wieder viele Menschen auf eine Tür in Stockholm starren. Um 13 Uhr sollte sie sich öffnen, und dann werden gleich zwei neue Träger der höchsten LiteraturAuszeichnung genannt.
Beziehungsweise, wohl, Trägerinnen.
Denn dass es heuer zwei Nobelpreise für Literatur geben wird, das wurzelt in einem Skandal, der die Schwedische Akademie in den Grundfesten erschüttert hat. Der dem Nobelpreis viel seiner Aura und seinem Wert genommen hat.
Und der das einst geheimnisumwölkte Gremium in eine Art außerkulturelle Bringschuld gebracht hat.
Im Zuge der #MeToo-Bewegung wurden 2017 Belästigungsund Vergewaltigungsvorwürfe gegen JeanClaude Arnault, den Ehemann des damaligen Akademie-Mitglieds Katarina Frostenson, laut. Zudem ist der Franzose Leiter eines Kulturvereins, der mit Geldern der Akademie finanziert wurde: Seine Frau hatte jahrelang über Mittel für ihren Mann mitentschieden.
Wie die Akademie auf diese Vorwürfe reagiert hat, war ein Musterbeispiel an Mauermachen: Es wurde so lange nicht reagiert, bis es das ganze Gremium derart zerriss, dass es letztendlich nicht einmal mehr beschlussfähig genug war, um neue Mitglieder aufzunehmen. Von einer Nobelpreisvergabe keine Rede.
Favoritinnen
Nach einem Jahr Schadensbegrenzung wird nun heute der Doppelpreis vergeben.
Das hohe Preisgeld kommt mit bitterem Beigeschmack einher.
Wer es bekommt? Beim Wettanbieter Nicerodds lagen die kanadische Dichterin Anne Carson und die aus Guadeloupe stammende Maryse Condé vorne. Gefolgt von u.a. der Chinesin Can Xue (Pseudonym), der Russin Ljudmila Ulizkaja, dem Japaner Haruki Murakami sowie der Kanadierin Margaret Atwood.