„Der ORF ist überdimensioniert“
Intendant Wegscheider über Serien, Sportrechte, den Öffentlich-Rechtlichen und die Politik
Ähnlich wie den Senderstart hat ServusTV das zehnjährige Jubiläum begangen – heimlich, still und leise. Dabei gibt’s einiges zu sagen: Intendant Ferdinand Wegscheider (59) kritisiert die „Gegenprogrammierung“des ORF und findet die Formel I interessant.
KURIER: ServusTV, seit zehn Jahren auf Sendung, baut gerade neue Studios. Ist das der Auftakt zur Expansion, denkt man über einen zweiten Sender nach?
Ferdinand Wegscheider: Ein zweiter Sender ist derzeit kein Thema. Wir konzentrieren uns auf den Heimmarkt und auf die Entwicklung von ServusTV in Deutschland. Der Neubau ist dem Umstand geschuldet, dass der aktuelle Standort, in den bereits SalzburgTV 2001 eingezogen war, in die Jahre gekommen ist.
Für die Zukunftsentwicklung sind auch politische Rahmenbedingungen wichtig. Vor der Wahl hat der Privatsender-Verband Forderungen, vor allem Verbote für den ORF, deponiert.
Als langjähriger Medienmacher und auch Kämpfer gegen das vormalige Monopol habe ich eine etwas differenziertere Meinung, als sie der Verband formuliert. In diesem Papier sind viele gießkannenartige Forderungen. Das erste Ziel des Verbandes muss die Feststellung sein: Der ORF ist für die Größe des Landes mit vier Radio- und vier Fernseh-Ketten überdimensioniert. Heute nützt man sie u. a. auch, um die österreichischen Privaten, die man lange ver- und behindert hat, durch Gegenprogrammierung zu konkurrenzieren. Das kann nicht der Sinn des Öffentlich-Rechtlichen und der Gebühren sein.
Daraus ergibt sich welche Forderung an die Politik? Der ORF gehört auf ein für das Land gesundes Maß redimensioniert. Das würde ihm auch helfen zu tun, was er tun sollte. Denn dass der ORF die öffentlich-rechtlichen Inhalte vor allem auf ORFIII spielt, die er eigentlich auf den Hauptkanälen senden sollte, ist der falsche Weg, um nicht zu sagen, eine missbräuchliche Verwendung.
Fürs Wachstum wichtig: ServusTV produzierte als erster österreichischer Privater fiktionales Programm. Am 5. November startet bereits die zweite Staffel von „Meiberger“und ein Aussee-Krimi, „Letzter Kirtag“, entsteht. Zahlt sich das aus? Und spielen Sie wieder mit?
Ich darf mich sowohl bei „Meiberger“als auch beim Aussee-Krimi mit Cameo-Auftritten beteiligen. Beim einen bin ich ein Blues-Sänger in einer Bar, beim anderen der Dorfpfarrer – das ist schlicht Spaß. Ernst gemeint ist hingegen, dass die Produktion eigener Fiktion das Sahnehäubchen für einen Sender ist. Natürlich ist das mit entsprechenden Kosten verbunden. Es schafft aber wie sonst kaum ein anderes Programm, die Sender-DNA ans Publikum zu bringen. Das hat sich speziell schon bei „Meiberger“gezeigt, weshalb nun die zweite Staffel folgt. Es hat uns dazu ermutigt, mit „Letzter Kirtag“gleich einen weiteren Schritt zu setzen – Krimis sind ein Zugpferd beim linearen Fernsehen, zumal solche, die ein Augenzwinkern haben. Das ist die Richtung, die wir in Angriff nehmen.
Tolle Quoten hatte ServusTV heuer mit Sport. In Deutschland gingen nun die Rechte für die Fußball-EM 2024 nicht an die ÖffentlichRechtlichen. Würde sich ServusTV so ein Ereignis bereits zutrauen?
Zutrauen würden wir uns das auf alle Fälle. Im Sport stellt sich aber stets die grundsätzliche Frage von Kosten und Nutzen. Dass wir Sport können, haben wir schon häufig – von der MotoGP bis Tennis – bewiesen. Es ist auf der anderen Seite auch kein Geheimnis, dass im Sportbereich zum Teil astronomische Preise verlangt und auch bezahlt werden. Nur für die Schlagzeilen werden wir dieses Spiel nicht mitmachen. Wenn es aus unserer Sicht passt – wir sind immer an guten Sportrechten interessiert.
Und die Formel I? Auch hier gilt: Das Verhältnis aus Kosten und Nutzen muss stimmen. Dass die Formel I, wie auch schon die MotoGP, sehr gut zum Sender passen würde, ist völlig klar.
Zum Abschluss zur Nationalratswahl: Wie zufrieden sind Sie im Rückblick mit der Performance von ServusTV und wie mit der Zusammenarbeit unter den Privatsendern?
Mit den Quoten kann ich zufrieden sein. Positiv ist auch das Zusammengehen der Privatsender für „Elefanten-Runden“. Mich hat allerdings eines ein wenig gewundert: Bei den Nationalratswahlen vor zwei Jahren haben uns die Parteien, für mich völlig verständlich, noch wissen lassen, dass es so viele TVTermine nicht mehr geben werde – es ist das Gegenteil dessen passiert. Es zeigt das aber auch das Ende eines Dogmas: In früheren Jahren war in Wahlzeiten ausschließlich der ORF bei der Politik gesetzt und das ist endgültig vorbei.
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