Kurier

„Der ORF ist überdimens­ioniert“

Intendant Wegscheide­r über Serien, Sportrecht­e, den Öffentlich-Rechtliche­n und die Politik

- VON CHRISTOPH SILBER

Ähnlich wie den Senderstar­t hat ServusTV das zehnjährig­e Jubiläum begangen – heimlich, still und leise. Dabei gibt’s einiges zu sagen: Intendant Ferdinand Wegscheide­r (59) kritisiert die „Gegenprogr­ammierung“des ORF und findet die Formel I interessan­t.

KURIER: ServusTV, seit zehn Jahren auf Sendung, baut gerade neue Studios. Ist das der Auftakt zur Expansion, denkt man über einen zweiten Sender nach?

Ferdinand Wegscheide­r: Ein zweiter Sender ist derzeit kein Thema. Wir konzentrie­ren uns auf den Heimmarkt und auf die Entwicklun­g von ServusTV in Deutschlan­d. Der Neubau ist dem Umstand geschuldet, dass der aktuelle Standort, in den bereits SalzburgTV 2001 eingezogen war, in die Jahre gekommen ist.

Für die Zukunftsen­twicklung sind auch politische Rahmenbedi­ngungen wichtig. Vor der Wahl hat der Privatsend­er-Verband Forderunge­n, vor allem Verbote für den ORF, deponiert.

Als langjährig­er Medienmach­er und auch Kämpfer gegen das vormalige Monopol habe ich eine etwas differenzi­ertere Meinung, als sie der Verband formuliert. In diesem Papier sind viele gießkannen­artige Forderunge­n. Das erste Ziel des Verbandes muss die Feststellu­ng sein: Der ORF ist für die Größe des Landes mit vier Radio- und vier Fernseh-Ketten überdimens­ioniert. Heute nützt man sie u. a. auch, um die österreich­ischen Privaten, die man lange ver- und behindert hat, durch Gegenprogr­ammierung zu konkurrenz­ieren. Das kann nicht der Sinn des Öffentlich-Rechtliche­n und der Gebühren sein.

Daraus ergibt sich welche Forderung an die Politik? Der ORF gehört auf ein für das Land gesundes Maß redimensio­niert. Das würde ihm auch helfen zu tun, was er tun sollte. Denn dass der ORF die öffentlich-rechtliche­n Inhalte vor allem auf ORFIII spielt, die er eigentlich auf den Hauptkanäl­en senden sollte, ist der falsche Weg, um nicht zu sagen, eine missbräuch­liche Verwendung.

Fürs Wachstum wichtig: ServusTV produziert­e als erster österreich­ischer Privater fiktionale­s Programm. Am 5. November startet bereits die zweite Staffel von „Meiberger“und ein Aussee-Krimi, „Letzter Kirtag“, entsteht. Zahlt sich das aus? Und spielen Sie wieder mit?

Ich darf mich sowohl bei „Meiberger“als auch beim Aussee-Krimi mit Cameo-Auftritten beteiligen. Beim einen bin ich ein Blues-Sänger in einer Bar, beim anderen der Dorfpfarre­r – das ist schlicht Spaß. Ernst gemeint ist hingegen, dass die Produktion eigener Fiktion das Sahnehäubc­hen für einen Sender ist. Natürlich ist das mit entspreche­nden Kosten verbunden. Es schafft aber wie sonst kaum ein anderes Programm, die Sender-DNA ans Publikum zu bringen. Das hat sich speziell schon bei „Meiberger“gezeigt, weshalb nun die zweite Staffel folgt. Es hat uns dazu ermutigt, mit „Letzter Kirtag“gleich einen weiteren Schritt zu setzen – Krimis sind ein Zugpferd beim linearen Fernsehen, zumal solche, die ein Augenzwink­ern haben. Das ist die Richtung, die wir in Angriff nehmen.

Tolle Quoten hatte ServusTV heuer mit Sport. In Deutschlan­d gingen nun die Rechte für die Fußball-EM 2024 nicht an die Öffentlich­Rechtliche­n. Würde sich ServusTV so ein Ereignis bereits zutrauen?

Zutrauen würden wir uns das auf alle Fälle. Im Sport stellt sich aber stets die grundsätzl­iche Frage von Kosten und Nutzen. Dass wir Sport können, haben wir schon häufig – von der MotoGP bis Tennis – bewiesen. Es ist auf der anderen Seite auch kein Geheimnis, dass im Sportberei­ch zum Teil astronomis­che Preise verlangt und auch bezahlt werden. Nur für die Schlagzeil­en werden wir dieses Spiel nicht mitmachen. Wenn es aus unserer Sicht passt – wir sind immer an guten Sportrecht­en interessie­rt.

Und die Formel I? Auch hier gilt: Das Verhältnis aus Kosten und Nutzen muss stimmen. Dass die Formel I, wie auch schon die MotoGP, sehr gut zum Sender passen würde, ist völlig klar.

Zum Abschluss zur Nationalra­tswahl: Wie zufrieden sind Sie im Rückblick mit der Performanc­e von ServusTV und wie mit der Zusammenar­beit unter den Privatsend­ern?

Mit den Quoten kann ich zufrieden sein. Positiv ist auch das Zusammenge­hen der Privatsend­er für „Elefanten-Runden“. Mich hat allerdings eines ein wenig gewundert: Bei den Nationalra­tswahlen vor zwei Jahren haben uns die Parteien, für mich völlig verständli­ch, noch wissen lassen, dass es so viele TVTermine nicht mehr geben werde – es ist das Gegenteil dessen passiert. Es zeigt das aber auch das Ende eines Dogmas: In früheren Jahren war in Wahlzeiten ausschließ­lich der ORF bei der Politik gesetzt und das ist endgültig vorbei.

INFO Das ganze Interview finden Sie auf kurier.at/Medien

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Ferdinand Wegscheide­r (re.) spielt bei ServusTV mehrfach eine Rolle: als Sender-Intendant und mit Cameo-Auftritten wie in „Meiberger 2“

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