Experten nur in einem einig: Trump wird es nicht
Friedensnobelpreis. 301 Nominierungen gab es. Favoriten sind Greta Thunberg, Abiy Ahmed und Daniel Ellsberg
Zum 100. Mal wird der Friedensnobelpreis an diesem Freitag vergeben – und die Favoritin könnte als jüngste Preisträgerin in die Geschichte aller Nobelpreise eingehen: Greta Thunberg, 16. Es sind nur 14 Monate vergangen, seit die Schwedin vor dem Stockholmer Riksdag ihren einsamen „Schulstreik für das Klima“startete. Es war die Initialzündung für Millionen Menschen, im Rahmen der „Fridays for Future“-Bewegung auf die Straße zu gehen.
Hat Thunberg also den Friedensnobelpreis verdient?
Ja, sagt Dan Smith, Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI: „Dieser Teenager hat einen Weckruf gegeben, den die Leute gehört haben.“Und das Nobelkomitee habe bereits Umweltaktivismus geehrt.
Auch in den Augen von Friedensforscher Peter Wallensteen von der Universität Uppsala erfüllt Thunberg Alfred Nobels Vorgabe, für die Verbrüderung zwischen den Völkern beizutragen.
„Weiblicher Messias“
Nein, absolut nicht, widerspricht Historiker und WeltJournalist Sven Felix Kellerhoff. „Thunberg hat sich bisher nur dadurch ausgezeichnet, dass sie apokalyptische Szenarien zeichnet und für Unfrieden sorgt. Sie wird als eine Art weiblicher Messias gefeiert, erreicht aber gar nichts für den Frieden durch ihre Radikalität“, sagt der Deutsche zum KURIER. „Politisierung der Jugend führt nicht zu Frieden. Die Polarisierung ist enorm.“Kellerhoff warnt auch davor, sehr junge Menschen auszuzeichnen. Dies könne das Prestige des Nobelpreises erschüttern.
Der Historiker schlägt ohnehin vor, nicht das vergangene Jahr zur Bewertung heranzuziehen, sondern wie bei den Nobelpreisen der Naturwissenschaften abzuwarten.
301 Nominierungen gibt es heuer: 223 Persönlichkeiten und 78 Organisationen, mehr ließ das Nobelkomitee in Oslo nicht wissen. Neben Thunberg zählen Wissenschafter – und Wettbüros – Papst Franziskus, Kanzlerin Angela Merkel, Reporter ohne Grenzen und das UNFlüchtlingshilfswerk UNHCR zu den Favoriten. Doch SIPRI-Chef Dan Smith winkt ab: „Das Komitee ist gut darin, die Welt zu überraschen.“
Er denkt daher an den 88 Jahre alten Whistleblower Daniel Ellsberg: Der Amerikaner hat 1971 die „PentagonPapiere“enthüllt und so geheime Vietnamkriegspläne der USA publik gemacht. „Die Demokratie braucht Whistleblower“, betont Smith.
Der norwegische Nobelhistoriker Asle Sveen tippt wiederum auf den Ministerpräsidenten von Äthiopien, Abiy Ahmed. Der 43-Jährige hat ein Friedensabkommen mit Eritrea geschlossen und Reformen in Gang gesetzt. Die Ehrung dieser Taten „stünde im Einklang mit Alfred Nobels Testament.“
Abiy Ahmed steht auch auf der Favoritenliste von Henrik Urdal, Direktor des Osloer Instituts für Friedensforschung Prio. Chancen räumt Urdal auch dem Hongkonger Demokratie-Aktivisten Nathan Law (26) und der somalischen Friedens- und Menschenrechtsaktivistin lwad Elman (29) ein.
Allen Experten gemein scheint die Ablehnung eines Nominierten: Donald Trump. Dank einer Indiskretion ist bekannt, dass Japans Premier Shinzo Abe den US-Präsidenten vorgeschlagen hat.