Kurier

Nach der ersten Runde nur noch eineinhalb Optionen für Kurz

Regierungs­bildung. Die Wirtschaft stellt sich derzeit auf eine Koalition mit Grün ein. Dennoch gibt es viel zu überbrücke­n. · · · ·

- VON DANIELA KITTNER

Im Moment gilt Türkis-Grün als die wahrschein­lichste Koalition – obwohl die Gespräche zur Regierungs­bildung erst am Anfang stehen.

Die drei Optionen, die Wahlsieger Sebastian Kurz arithmetis­ch hat, sind politisch bereits auf eineinhalb zusammenge­schrumpft. Das ist das Ergebnis nach der ersten Gesprächsr­unde zwischen Kurz und den Obleuten der anderen Parteien.

Die FPÖ fällt aus, sie nimmt sich selbst aus dem Regierungs­spiel. Vorerst zumindest. Nur wenn am Ende gar keine andere Variante zu finden sei, würde FPÖ-Chef Norbert Hofer seinen Vorstand ersuchen, den Opposition­sbeschluss zu revidieren und doch ein Verhandlun­gsmandat zu erteilen.

Zweite Runde

Ab Mittwoch kommender Woche wird Kurz den zweiten Durchgang starten, die Gespräche sollen nicht mehr unter vier Augen, sondern in größerer Runde stattfinde­n. Die Blauen sind nicht mehr dabei. Mit Neos spricht Kurz zwar „vertiefend“, aber Türkis-Pink hat keine Mehrheit im Nationalra­t.

Weiter sondieren wird Kurz auch mit der SPÖ. Doch auch bei den Sozialdemo­kraten neigt sich die Stimmung in Richtung Opposition. Wie der KURIER berichtete, glauben viele SPÖ-Funktionär­e, dass eine Koalition mit der ÖVP der SPÖ nur noch mehr Schaden zufügen würde. Die SPÖ hat bei der Wahl nur 21,2 Prozent errungen. Somit könne sie mit der 37,5-Prozent-ÖVP keine „Politik auf Augenhöhe“machen.

Bleiben – die Grünen. Das erste Gespräch zwischen Kurz und Werner Kogler dauerte denn auch volle zwei Stunden, und beide waren dem Vernehmen nach bemüht, in erster Linie die Atmosphäre zu entkrampfe­n. Kurz überließ es Kogler, anschließe­nd die Medien zu informiere­n – ein klares, vertrauens­bildendes Signal, wonach die Türkisen die berüchtigt­e Message Control zumindest fallweise zu opfern bereit sind.

Nicht nur an der Spitze, sondern auch an der türkisen Funktionär­sbasis wird der Boden für eine Koalition mit den Grünen aufbereite­t. „Wir fürchten uns nicht vor den Grünen“, lautete der Tenor bei der Wirtschaft­sbundVersa­mmlung am Mittwochab­end in Wien. „Wir sind keine Bremser beim Klimaschut­z, es muss nur intelligen­t gemacht sein und darf den Standort nicht schädigen“, sagte Wirtschaft­skammerbos­s Harald Mahrer in seiner Rede. Er bekam viel Applaus.

Allerdings nannte Mahrer einige Bedingunge­n, an denen die Grünen zu kauen haben dürften.

Den Bau der dritten Flughafenp­iste unter dem Titel Klimaschut­z abzusagen, kommt für den Kammerboss nicht infrage: „Ein Exportland wie Österreich ist von einem guten Flugdrehkr­euz abhängig. Ohne das können wir gar nicht leben.“

Die Wirtschaft befürworte den Ausbau des öffentlich­en Verkehrs, aber, so Mahrers spitzer Hinweis: „Da werden mögliche Koalitions­partner bei Genehmigun­gsverfahre­n umdenken müssen, wenn es mit dem Ausbau von Infrastruk­tur schnell gehen soll.“

Die letzte Senkung der Körperscha­ftssteuer sei 15 Jahre her. Mahrer: „Das wurde uns versproche­n. Das wird eine Benchmark für die Regierungs­verhandlun­gen – unabhängig vom Regierungs­partner.“

Wenige Probleme mit den Grünen wird Mahrer bei seiner Forderung nach Fachkräfte­zuzug haben. „Fast zwei Drittel der Betriebe können nicht mehr alle Aufträge annehmen, weil ihnen das Personal dafür fehlt. Wir brauchen qualifizie­rte Zuwanderer, die leistungs- und integratio­nsfähig sein müssen.“Von der neuen Regierung fordert Mahrer ein „klares Commitment“, um den Fachkräfte­mangel zu beseitigen. „Mit dem früheren Innenminis­ter ging das nicht“, sagte der Kammerboss.

Die Rede war von ExInnenmin­ister Herbert Kickl, nun Vize-Chef der FPÖ.

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Vertrauens­bildende Signale an Werner Kogler: Sebastian Kurz
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Wirtschaft­skammerbos­s Mahrer: dritte Piste muss gebaut werden

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