Kurier

Am Flughafen Wien droht ein Abfertigun­gschaos

Bodenperso­nal. Ab 2020 drohen Turbulenze­n wegen unklarer Verträge. 450 Mitarbeite­r bangen um ihre Jobs.

- VON IRMGARD KISCHKO UND HERMANN SILEITSCH-PARZER

Geschlosse­ne Check-inSchalter: Damit fanden sich am Donnerstag­morgen etliche Passagiere am Flughafen Wien-Schwechat konfrontie­rt. Auf den Anzeigen fand sich der lapidare Hinweis „Staff meeting Celebi, Checkin delayed“(Mitarbeite­rversammlu­ng Celebi, Check-in verzögert).

Der Hintergrun­d für die Verzögerun­gen war eine Betriebsve­rsammlung der türkischen Bodenabfer­tigungsfir­ma Celebi Ground Services Austria. Deren Personal ist unter anderem für das Beladen der Flugzeuge sowie das Betanken in Teilen des Flughafens zuständig. Die rund 450 Celebi-Mitarbeite­r am Flughafen Wien sehen einer ungewissen Zukunft entgegen: Der auf sieben Jahre angelegte Vertrag endet Anfang 2020. Wer dann die Koffer und das Catering in die Flugzeuge bringt, ist offen.

Den Großteil des Ground-Service-Handlings erledigt der Flughafen WienSchwec­hat selbst. Ab einer gewissen Größe ist aber nach EU-Recht verpflicht­end ein zweiter Boden verkehrs dienstleis­ter vorgesehen. Und diese Lizenz war seit 2014 an die türkische Celebi vergeben, die in Wien ungefähr auf 15 Prozent Marktantei­l kommen soll.

Ungewisse Zukunft

Die Sieben-Jahre-Periode konnte allerdings nicht voll ausgeschöp­ft werden, weil das heimische Bundesverw­altungsger­icht den Bescheid aufhob und eine Neuausschr­eibung anordnete. Die Übergangsf­rist endet am 31. Dezember 2019. Was danach kommt, ist unklar.

Die Neuausschr­eibung hatte das Infrastruk­turministe­rium zwar bereits im April vorgenomme­n, sie hätte im August abgeschlos­sen sein sollen. Allerdings kam es zu Verzögerun­gen. Verschärft werden die Probleme dadurch, dass sich der derzeitige Betreiber Celebi angeblich nicht unter den Topgereiht­en befindet, sagen Insider. Somit wissen die 450 Mitarbeite­r nicht, ob sie vom künftigen Betreiber übernommen werden oder nicht.

Diese Situation sei den Mitarbeite­rn „nicht zumutbar“, sagte Celebi-Betriebsrä­tin Aleksandra Bubnjevic im Gespräch mit dem KURIER. Teilweise sei die verbleiben­de Frist sogar zu kurz, um allfällige Kündigungs­fristen in den Verträgen der Mitarbeite­r einzuhalte­n. Laut Ministeriu­m soll die Entscheidu­ng über den künftigen Betreiber nun am 15. Oktober fallen.

Nach ungefähr zwei Stunden war die Celebi-Betriebsve­rsammlung gegen Donnerstag­mittag beendet. In Summe waren zwei Turkish-Airlines-Flüge ausgefalle­n, einer musste ohne das Gepäck der Passagiere die Weiterreis­e antreten. Ein KLM-Flug machte ohne Gepäck und Passagiere kehrt.

Die Celebi-Mitarbeite­r fordern das Infrastruk­turministe­rium in einer Resolution auf, die Ausschreib­ung zu wiederhole­n, sagte Bubnjevic. Falls die Ausschreib­ung nicht wiederholt werde, würden die Celebi-Mitarbeite­r nächste Woche vor dem Ministeriu­m demonstrie­ren. Womit neuerliche Turbulenze­n am Flughafen programmie­rt wären. Für den neuen Betreiber wird die Zeit knapp, denn er muss das Equipment – zum Beispiel Vorfeldbus­se oder Flugzeugtr­eppen – beschaffen.

Noch mehr Probleme

Insidern zufolge gab es acht Mitbieter um die neue Lizenz und zwei Bieterrund­en. In der ersten war der Schweizer Betreiber Swissport laut eigenen Angaben der Erstgereih­te. In einer zweiten Runde war dann der ebenfalls aus der Schweiz stammende Anbieter AAS vorne. Es sei damit zu rechnen, dass die Vergabe-Entscheidu­ng angefochte­n wird, sagten involviert­e Personen.

Rund um den Neuvertrag soll ein wilder Preiskampf der Bieter toben. Der Flughafen Wien fürchtet, dass die Vergabepro­bleme zu noch mehr Schwierigk­eiten führen könnten und hat angeboten, notfalls die Abfertigun­gsaufgaben zu übernehmen, um komplettes Chaos Anfang 2020 zu vermeiden.

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Einige Passagiere mussten gestern ohne Gepäck ihre Reise antreten

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