Kurier

„In China fehlt die Hüttengaud­i“

Sportartik­el. Warum Northland dennoch im Reich der Mitte produziert und Argentinie­n gerade „implodiert“

- VON SIMONE HOEPKE

Northland klingt mehr nach Neuseeland als nach Grazer Familienun­ternehmen. Arno Pichler, Chef des Sportartik­elherstell­ers, hat auch lange keinen besonderen Wert darauf gelegt, die rot-weiß-rote Flagge ins Schaufenst­er zu hängen. Im Gegenteil. „In den 1990er-Jahren war ja alles cool, was aus dem Ausland kam. Da waren viele enttäuscht, wenn sie gehört haben, dass wir aus Österreich sind. Das ändert sich jetzt zum Glück.“

Die großen Absatzmärk­te liegen ohnehin fernab der Heimat, etwa in China, wo Northland mit einem Partner mehr als 500 Geschäfte eröffnet hat und auch einen Großteil der Ware produziere­n lässt. Noch. „Wir versuchen seit sechs Jahren Teile der Produktion nach Europa zurückzuho­len“, sagt Pichler. Gelungen sei das teilweise bei T-Shirts, die nun in Portugal gefertigt werden, bei Hosen (Türkei) und Schuhen (Italien). Aufwendige­re Teile wie Anoraks und Funktionsk­leidung kommen aber weiterhin aus China.

Billiges Kroatien

„Wir haben über eine Verlagerun­g nach Kroatien nachgedach­t und dort schon entspreche­nde Gespräche geführt“, erzählt Pichler. Letztlich hätte sich herausgest­ellt, dass eine Näherin in Kroatien mit 400 Euro weniger verdient als eine Näherin in China, deren Lohn Pichler mit 550 bis 600 Euro im Monat beziffert. Pichler: „Bedenkt man, dass die Lebenshalt­ungskosten in Kroatien um ein Vielfaches höher sind als in China, ist es doch pervertier­t, die gesamte Produktion hierher zurückzuho­len.“

China ist übrigens auch der größte Absatzmark­t von Northland, die Ware ist aber nicht die gleiche, die in Europa verkauft wird. „In China braucht man tendenziel­l keine Ausrüstung für eine Matterhorn-Besteigung, sondern eher etwas Bequemes für ein Picknick mit Freunden“, spitzt es Pichler zu. Auch die Farben (Pastell für China) und Schnitte seien anders. Ob die von den Winterspie­len beflügelte Freude am Skisport nachhaltig sein wird, bezweifelt Pichler. „Was fehlt, ist die Hüttengaud­i und das Naturerleb­nis“, sagt er mit Verweis auf Skigebiete, in denen der Schnee ausschließ­lich aus Schneekano­nen kommt.

Der bisher zweitstärk­ste Absatzmark­t von Northland „implodiert“gerade, wie es Pichler formuliert. Die Rede ist von Argentinie­n. Zu Spitzenzei­ten hat Northland hier acht Millionen Euro im Jahr eingespiel­t, mit der Krise des Landes ist auch das Geschäft erodiert. An einen Rückzug aus dem Exportmark­t denkt Pichler aber nicht. „Wir arbeiten seit 17 Jahren mit unserem Partner vor Ort zusammen, wir beliefern ihn weiter.“Schließlic­h würden nach wie vor Anoraks gebraucht werden. Etwa in den Skigebiete­n: „Dort boomt der Tourismus und mit ihm das Verleihges­chäft für Skibekleid­ung. Für Touristen aus Brasilien oder Uruguay ist ein Skiurlaub derzeit ja richtig billig.“Und die wenigsten würden mit der eigenen Ausrüstung anreisen.

Am Heimmarkt hat Pichler, der jährlich rund 80 Millionen Euro umsetzt und in Österreich aktuell rund 200 Mitarbeite­r beschäftig­t, gerade eine Kooperatio­n mit dem Sportartik­elhändler Sport 2000 abgeschlos­sen. Künftig bündeln die beiden unter anderem den Einkauf (siehe auch Bericht unten).

In Österreich ist Northland aktuell mit 30 eigenen Standorten vertreten.

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China gilt als Hoffnungsm­arkt für die Ski-Industrie und allem was dazugehört. Die Mode für die Piste kommt schon längst aus Fabriken in China – daran ändert sich wenig
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Arno Pichler hat Northland von seinem Vater übernommen

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