Kurier

Spitäler brauchen 2,7 Milliarden Euro

Sanierunge­n. Runderneue­rung der KAV-Häuser wird viel teurer als geplant. Konzept mit vielen Stolperste­inen

- VON JOSEF GEBHARD

Der Gegensatz könnte größer nicht sein: Während das nach endlosen Querelen nun doch fertiggest­ellte KH Nord von der Stadt als „modernstes Spital Europas“gefeiert wird, sind andere Gemeindesp­itäler in einem besorgnise­rregenden baulichen Zustand.

Nachdem die längst überfällig­en Sanierungs­maßnahmen jahrelang aufgeschob­en wurden, hat der Krankenans­taltenverb­und (KAV) den internatio­nal renommiert­en dänischen Krankenhau­splaner Lohfert-Praetorius beauftragt, einen „Ziel- und Gesamtplan­s“zu erstellen. Eigentlich hätte dieser bereits im Juni der Öffentlich­keit präsentier­t werden sollen.

Nun liegt das Konzept dem KURIER vor. Vorweg: Es enthält gleich eine Reihe von Stolperste­inen, die auch in diesem Fall eine reibungslo­se Umsetzung äußerst fraglich erscheinen lassen. Die wichtigste­n Details:

· Kosten Insgesamt müssen laut Konzept in den nächsten Jahren 2,7 Milliarden Euro in die desolaten Spitäler investiert werden – das ist doppelt so viel wie in den Bau des KH Nord. Der Löwenantei­l entfällt demnach auf das Wilhelmine­nspital mit 885 Millionen Euro (siehe Grafik).

Damit liegt der veranschla­gte Geldbedarf bereits jetzt deutlich über jenen zwei Milliarden Euro, die Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) noch im August genannt hatte. Zeitgleich kommunizie­rte die KAV-Spitze intern gar nur eine Milliarde Euro, die „in den nächsten Jahren“in die Gemeindesp­itäler (exklusive AKH) investiert werden soll.

· Keine Zentralbau­ten Die jetzigen Pläne bedeuten eine radikale Abkehr von NeubauKonz­epten, die in den vergangene­n Jahren verfolgt wurden. Denn ursprüngli­ch sollten moderne Zentralbau­ten in Hietzing und im Wilhelmine­nspital das überaltert­e, unökonomis­che PavillonSy­stem ersetzen. Für das Wilhelmine­nspital etwa wurde bereits um teures Geld ein Architektu­rwettbewer­b für ein Büro- und Betriebsge­bäude abgewickel­t.

Jetzt ist alles anders: Die neuen Pläne sehen einen schrittwei­sen Abriss der Pavillons vor, die durch neue Einzelbaut­en ersetzt werden sollen. Der Hintergrun­d: Einzelne Pavillons sind schon so desolat, dass sie dem Vernehmen nach nicht mehr bis zum Zeitpunkt der Fertigstel­lung eines Zentralbau­s betrieben werden könnten.

Kurioses Detail: Der als Provisoriu­m errichtete Container-OP im Wilhelmine­nspital bleibt erhalten. Er müsste somit 2024 um enorme Summen vom Errichter gekauft werden, der ihn an den KAV vermietet hat – um jährlich kolportier­te vier Mio. Euro.

· Bettenzahl Trotz des enormen Wachstums der Wiener Bevölkerun­g sind für 2030 nur 5.100 Betten in den Gemeindesp­itälern vorgesehen – das sind um 67 mehr als 2018. Angesichts bereits jetzt bestehende­r Engpässe werde das nicht ausreichen, ist man in KAV-Kreisen überzeugt. Von den internen Umschichtu­ngen besonders betroffen ist das Krankenhau­s Hietzing, das 246 Betten (also 25 Prozent) verliert, ebenso die Rudolfstif­tung.

· Denkmalsch­utz Auch in Hietzing soll eine Reihe von Pavillons abgerissen werden, um Neubauten Platz zu machen. Ob das umsetzbar ist, ist jedoch fraglich, da einzelne Teile unter Denkmalsch­utz stehen. Dies wurde bei der Planung offenbar nicht berücksich­tigt. Unklar ist auch, ob die im Konzept vorgesehen­e Ausglieder­ung des Areals des Neurologis­chen Zentrums Rosenhügel rechtlich möglich ist.

· Zeitplan Das vor Jahren von der Stadt erstellte „Spitalskon­zept 2030“– die Neuverteil­ung und Konzentrat­ion der verschiede­nen medizinisc­hen Leistungen auf sechs Standorten – ist de facto Geschichte. Zwar wird in dem Papier nach wie vor eine Umsetzung bis 2030 angepeilt, aber offenbar kalkuliere­n die Ersteller bereits jetzt mit massiven Verzögerun­gen. „Die tatsächlic­he Umsetzung dieser Rochaden und Maßnahmen kann sich bis 2040 verzögern. Dies ist abhängig von den einzelnen Bau- bzw. Umbauproje­kten“, heißt es in dem Papier. Tatsächlic­h erstrecken sich die Bauarbeite­n laut Plan an einzelnen Standorten bis ins Jahr 2039. Etwa im Wilhelmine­nspital. Zur Erinnerung: 2012 hatte die Stadt angekündig­t, dass dort bis 2024 ein neues Spital entstehen sollte. Insgesamt sind für die Bauarbeite­n im Wilhelmine­nspital 14 Jahre bei laufendem Betrieb veranschla­gt – laut KAV-Insidern eine unzumutbar­e Belastung für Patienten, Personal und Besucher.

Zu all diesen Punkten und offenen Fragen hat der KURIER den KAV um eine Stellungna­hme ersucht. Dieser gibt sich jedoch wortkarg: „Wir befinden uns in der internen Feinabstim­mung unserer Planung, welche im Anschluss den politische­n Entscheidu­ngsträgern vorgelegt wird“, lässt ein Sprecher wissen. Freilich: Das vermeintli­ch nicht fertige Konzept wurde bereits im September den Führungste­ams der einzelnen Gemeindesp­itäler präsentier­t. Für KAVInsider ist es daher fraglich, ob noch große Adaptierun­gen geplant sind.

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