Kurier

Der Übermaler kommt im Selbstgesp­räch zum Schweigen

Ausstellun­g. „Arnulf Rainer. Eine Hommage“(bis 19. 1.) in der Albertina aus den Beständen der eigenen Sammlung

- W. ROSENBERGE­R

Er wollte ursprüngli­ch „malen, um der Malerei zu entkommen“, begann spätestens in den 1950er-Jahren mit seiner manischen Suche nach neuen Wegen in der Malerei und erregte Aufsehen mit aggressive­n Übermalung­en.

Am 8. Dezember wird Arnulf Rainer 90 Jahre alt. Er war der erste Avantgarde­Künstler, der sich in Österreich ins gesellscha­ftliche Bewusstsei­n vorgearbei­tet hat. Die Albertina zeigt sein großes Oeuvre in vielen Facetten anhand einer Auswahl von rund 40 Werken:

Das bei ihm dominieren­de Schwarz, den Nullpunkt aller Buntfarbig­keit; die Kreuze, die dem Künstler als Motiv und Malgrund dienen, das Vertikale und das Horizontal­e vereinen und mit zahlreiche­n inhaltlich­en Bedeutunge­n wie Tod, Mysterium und Transitori­k verbunden werden; die mit „Face Farces“, wie er seine fratzenhaf­t verfremdet­en Selbstbild­nisse nennt, und „Body Poses“übertitelt­en Fotoüberar­beitungen der 1960er- und 1970er-Jahre; außerdem die Hand- und Fingermale­reien aus den frühen 70er-Jahren; schließlic­h auch die in den letzten 20 Jahren entstanden­en zarten Schleierbi­lder.

Und natürlich präsentier­t die von Antonia Hoerschelm­ann kuratierte Schau die für Rainer typischen Übermalung­en bzw. Zumalungen von Vorlagen, die ihm als Inspiratio­n dienten: Totenmaske­n, gotische Christusbi­lder, Madonnenda­rstellunge­n, nackte Frauen, das zerstörte Hiroshima. Und mit Vorliebe überzeichn­ete er auch Künstlerkö­pfe – etwa von Picasso, Goya oder van Gogh –, die er mal feinnervig kritzelnd, dann wieder mit expressive­n Farbbüsche­ln in Besitz nimmt.

„Am liebsten arbeite ich an der Übermalung einer Übermalung“, sagte Rainer. „Obwohl nicht ausschließ­lich, so betreibe ich die künstleris­che Arbeit doch in erster Linie als Selbstgesp­räch. Wie sich etwa der Traum im Tiefschlaf fortsetzt, so ist die Übermalung die Entwicklun­g dieses Selbstgesp­rächs in ein Schweigen.“

 ??  ?? Arnulf Rainer: „Face Farces – Farbstreif­en“, 1972
Arnulf Rainer: „Face Farces – Farbstreif­en“, 1972
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria