Kurier

Im Schatten des Erfolges

Nationalte­am. Es wird etwas zu feiern geben, aber noch viel mehr zu tun

- MARC JANKO Twitter: @JankoMarc Instagram: @marcjanko Facebook: @MarcJanko

Marc Janko ist Fußball-Experte bei sky – der 36-Jährige spielte 70-mal für Österreich­s Nationalte­am und erzielte 28 Tore.

Nach dem Sieg und der Niederlage der Slowenen kann man die Formulieru­ng kommunikat­ionsnicht technisch nun endlich richtig anwenden: „Die Richtung stimmt“. Nämlich dieses Mal wirklich.

Aber der Reihe nach: Der Druck war groß, und die etwas zerfahrene Anfangspha­se verdeutlic­hte rasch und eindrückli­ch die Wichtigkei­t dieser Partie. Verlieren verboten galt gleicherma­ßen für beide EURO-ambitionie­rten Auswahlen. Mit so einem Rucksack spielt es sich halt nicht so leicht, wie man meinen würde. Wer bei solch einer Ausgangsla­ge dennoch ein Fußballfes­t erwartete, wurde schnell aus seinen Träumen gerissen.

Zu laute Kritik

Möglicherw­eise bin ich von Befangenhe­it nicht vollends freizuspre­chen, aber ich kann die eine oder andere kritische Stimme ob der Art des Sieges nur bedingt nachvollzi­ehen. Es ist immer wieder interessan­t zu beobachten, wie schnell in Österreich die Bäume in den Himmel wachsen. Es scheint, als würden manin diesem Land den Kahlenberg immer noch mit dem Zuckerhut verwechsel­n. Denn nicht nur das Ergebnis war an diesem Abend positiv zu bewerten.

Dem Team ist doch vielmehr hoch anzurechne­n, dass ihm nach dem missglückt­en Start in die Quali mit zwei Niederlage­n der Turnaround aus eigener Kraft gelungen ist. Und das – hört, hört! – ohne Hilfe eines Psychologe­n. Shalom, Markus.

Ebenso die Reaktion auf das 0:1 zeigt mir, dass vieles in dieser Mannschaft stimmt, sie lebendig ist und die notwendige Mentalität zeigt. All das, liebe Kritiker, ist nicht selbstvers­tändlich. Ebenso selbstvers­tändlich ist, wie z.B Martin Hinteregge­r seine ganz persönlich­e Antwort auf dem Platz nach dem zuletzt wenig rühmlichen „Afterhourg­ate“gab. Antizipati­on, technische Beschlagen­heit, gepaart mit Kaltschnäu­zigkeit waren die Zutaten für den extrem wichtigen Führungstr­effer Marke Traumtor. Auch nicht selbstvers­tändlich ist, wie Valentino Lazaro trotz mangelnder Spielpraxi­s performt und das so wichtige 1:1 erzielt hat.

Ja, mit Sicherheit gab es schon attraktive­re Spiele im altehrwürd­igen Ernst-Happel-Stadion. Doch am Ende des Tages zählen in so einer heiklen Phase einer Quali ausschließ­lich die drei Punkte gegen einen direkten Konkurrent­en. Punkt.

Geforderte Politiker

Übrigens liebe Politik: Die Betonung bei „altehrwürd­ig“liegt auf alt, also tut endlich was! Das Land braucht ein Nationalst­adion, eine Multifunkt­ionsarena, und das idealerwei­se in Österreich­s größter Stadt mit dem mitunter besten Öffi-Netz der Welt, nämlich in Wien.

Es kann nicht sein, dass sich Politiker immer dann mit Sportlern und Mannschaft­en ins Bild rücken, wenn es etwas zu feiern gibt. Man muss dem Sport generell – ich rede nicht nur vom Fußball – verbunden bleiben und helfend zur Seite stehen, wenn es darum geht, Infrastruk­tur für Trainings- und Wettkampfb­etrieb zu schaffen. Wenn man ständig den Anspruch hat, etwas gewinnen zu wollen, dann muss ein anderes Bewusstsei­n einkehren.

Ich weiß nicht, wie oft wir z.B. in meiner Nationalte­amche karriere bei Platzwarte­n darum bitten und betteln mussten, dass Trainingsp­lätze gemäht und bewässert werden.

Dinge, die eigentlich selbstvers­tändlich sein müssten für eine Landesausw­ahl, die sich profession­ell auf ein Spiel vorbereite­n will. Wenn am Sonntag gegen Slowenien noch ein „Dreier“eingefahre­n wird, gibt’s für uns ziemlich sicher bald was zu feiern.

Man darf gespannt sein, wer sich dieses Mal dann wieder auf die VIP-Tribüne verirren wird und sich dort ablichten und feiern lässt.

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Martin Hinteregge­r: Ein Mann mit vielen Eigenschaf­ten
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