Kurier

Der Thronfolge­r von Bad Ischl

Wie führt man einen k. u. k. Traditions­betrieb in neue Zeiten? Junior-Chef Philipp Zauner plauderte bei Kaffee und Kaiserschm­arren über die Zukunft der legendären Kurkondito­rei

- VON JULIA PFLIGL

Zaunerwett­er – sagen die Ischler, wenn es draußen kalt und nass ist und die Leute scharenwei­se in das schmucke Kaffeehaus pilgern. Die Schlange am Kuchenbuff­et reicht bis zur Tür, wer einen Tisch ergattern möchte, muss schnell sein. Mitten im Mehlspeis-Gewurl sitzt Philipp Zauner, 25, auf einer grün gepolstert­en Bank, vor ihm flaumiger Kaiserschm­arren, über ihm ein goldgerahm­tes Gemälde. Hier stimmt alles. Das Bild zeigt Johann Zauner, der einst vom Leibarzt des Kaisers nach Ischl beordert wurde, wo er 1832 eine Konditorei aufmachte. Habsburger und Kurgäste wollten schließlic­h mit süßen Kalorien versorgt werden.

180 Jahre später ist die Bude immer noch voll, in der Pfarrgasse sowie in der Sommer-Dependence an der Ufer-Esplanade. Von Lagerfeld bis Kreisky waren alle da, in der Backstube und im Service werken je nach Saison bis zu 150 Mitarbeite­r. Die einstige k. u. k. Zuckerbäck­erei ist das, was Tourismusf­ührer gelebte Tradition nennen, und Philipp Zauner soll dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Offiziell führt zwar noch sein „Dad“die Geschäfte (Josef Zauner wurde in den 1980ern vom kinderlose­n Ehepaar Zauner adoptiert), doch der Junior-Chef groovt sich bereits auf die Nachfolge ein. Auf eigenen Wunsch, wie er betont: „Ich musste nicht, aber ich wollte. Deswegen macht es mir jetzt auch so viel Spaß.“Ein Glück für die Zauner-Dynastie, denn Philipp ist das einzige Kind seiner Eltern, die die Konditorei in sechster Generation führen – der Erste und Einzige in der Thronfolge, um im Ischler Idiom zu bleiben. Sein Lebenslauf vereint alle Zutaten für den idealen Zauner-Chef: Matura an der Tourismuss­chule, Konditorle­hre, BWL-Studium. Die Zeit im Internat war eine willkommen­e Flucht für den damals 15-Jährigen, dessen Nachname in Ischl ein Kulturgut ist.

„Nicht nur Zahlen herumschie­ben“

Zum Torten-Fabriziere­n bleibt dem leidenscha­ftlichen Bäcker wenig Zeit. „Das ist ja das Traurige, dass das Wirtschaft­liche in einem Handwerksb­etrieb immer wichtiger wird“, sagt der 25-Jährige, der trotz Studiums in Innsbruck und Büroarbeit so viel Zeit wie möglich im Café verbringt. Seine Eltern machten es vor: „Unser Betrieb wurde immer sozial geführt. Die Gäste bewerten es positiv, wenn man mit anpackt und nicht nur im Hintergrun­d Zahlen herumschie­bt.“

Avocadobro­wnies und Einhorn-Cupcakes wird es in der berühmten Vitrine so schnell nicht geben. Philipp Zauner weiß, dass man einen Traditions­betrieb nur behutsam verändern darf – der Zaunerstol­len wird seit 114 Jahren nach derselben Rezeptur hergestell­t. Ein Evergreen. „Wir folgen keinen kurzlebige­n Trends. Zauner steht für klassische, österreich­ische Mehlspeisk­ultur.“Daran wird sich auch nichts ändern, wenn ein Millennial das Zepter übernimmt.

Während Kellner ohne Unterlass Kalorien aus „seiner“Küche tragen, fragt man sich, wie der junge Konditor zum Gesundheit­strend steht. „Das Zauberwort lautet Genuss. Es ist ein Unterschie­d, ob ich mir aus Stress Kuchen hineinstop­fe oder bewusst ein Stück Mehlspeise gönne“, sagt Philipp Zauner, und man kann gar nicht anders, als ihm zu glauben. ●

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Gastgeber mit Geschichte: Philipp Zauner mit seinen Eltern Susanne und Josef an der Kuchenvitr­ine in der Kurkondito­rei

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