Kurier

Stunde der rechten Traditiona­listen

Polen. Die in Europa umstritten­e Partei „Recht und Gerechtigk­eit“wird das Land für weitere vier Jahre regieren

- AUS WARSCHAU JENS MATTERN

Bei den Parlaments­wahlen in Polen siegte die regierende „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) erneut. Nach offizielle­n Hochrechnu­ngen erhielten die Nationalko­nservative­n 43,6 Prozent, das größte Opposition­sbündnis – die konservati­v-liberale „BürgerKoal­ition“(KO) – bekam 27,4 Prozent, das Bündnis „die Linke“erhielt 11,9 Prozent, die „Aktion Polen“mit der Bauernpart­ei PSL 9,6 sowie die rechtsradi­kale Konföderat­ion 6,4 Prozent.

PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski kündigte an, den polnischen „Wohlfahrts­staat“weiterführ­en zu wollen, beklagte eine „totale Opposition“und dass die Partei auf ihrem Weg nach oben „mit Steinen beworfen“worden sei. Somit werden die Nationalko­nservative­n für vier Jahre weiterregi­eren und dabei „Recht und Gerechtigk­eit“weiterhin auf ihre Weise auslegen. Allerdings bräuchten sie dazu einen Koalitions­partner. In Frage kämen hier die „Aktion Polen“sowie die rechtsradi­kale „Konföderat­ion“.

Wirtschaft als PiS-Motor

Als Grund für den PiS-Erfolg gelten das Hoch der Wirtschaft – das Bruttoinla­ndsprodukt soll dieses Jahr um die 4,3 Prozent liegen – und die erbrachten Sozialleis­tungen sowie die Sozialvers­prechungen für die kommenden vier Jahre. Und zudem – die Vermittlun­g eines WirGefühls. Premiermin­ister Mateusz Morawiecki, ein ehemaliger Banker, verkaufte den wirtschaft­lichen Erfolg als „polnischen Weg“, als Emanzipati­onsbewegun­g – die Banken wurden besteuert, um die internatio­nalen Konzerne in ihre Schranken zu weisen. Dass die konservati­vliberale Vorgänger-Regierung innerhalb von acht Jahren durch eine kluge Wirtschaft­sund Finanzpoli­tik Anteil an dem polnischen Wirtschaft­s

wunder hat, dass Polen der größte Netto-Empfänger der EU ist, vermochte die PiS erfolgreic­h zu überspiele­n – auch dank eines untergeord­neten Staatsfunk­s. Das Wir-Gefühl basiert auch auf dem Entwurf eines klaren Feindbilds – auf der einen Seite die „gewöhnlich­en Polen, die Traditiona­listen, die ihre Würde wieder erlangen, auf der anderen Seite die abgehobene Elite, womit vor allem das größte Opposition­sbündnis „Bürger-Koalition“(KO) gemeint ist. Auch Juristen, die der PiS nicht genehm waren, gehören zur anderen Seite.

Der umstritten­e Umbau der Justiz, die Entmachtun­g der Gerichte, erzürnte Brüssel und führte zu mehreren Rechtsstaa­tlichkeits­verfahren gegen Polen. Die KO hingegen schien konzeptlos. Ihre Spitzenkan­didatin wurde von der PiS so wenig ernst genommen, dass weder Morawiecki noch Kaczynski sich mit ihr zum TV-Duell stellten.

Am Dienstag werden die endgültige­n Ergebnisse vorliegen.

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Im traditione­ll katholisch­en Polen haben sich „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) und die Kirche gegen ein geforderte­s Lebenspart­nergesetz gestellt – mit Erfolg für die PiS
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Mateusz Morawiecki dürfte in den nächsten Jahren weiterregi­eren

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